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Konjunkturausblick

Nach dem Zenit

Die Märkte scheinen eine günstige Wirtschaftsentwicklung einzupreisen, was in Anbetracht der aktuellen Gegebenheiten eine historische Seltenheit wäre. Die höheren Anleihenrenditen bieten Widerstandskraft angesichts der wachsenden Risiken für die Weltwirtschaft.

Im September wurde unser Cyclical Forum erstmals in London abgehalten, wo die aktuelle Konjunkturlage das widerspiegelt, was sich auf der ganzen Welt ereignet.

Die Bank of England (BOE) nähert sich dem Ende eines langwierigen Zinserhöhungspfads. Mit ihrer restriktiven Geldpolitik hat sie die Volatilität auf den britischen Finanzmärkten erhöht, und es ist zu befürchten, dass die britische Wirtschaft bald ins Stocken geraten oder in eine Rezession rutschen könnte.

Ähnliche Szenarien spielen sich auch in der übrigen Welt ab – in dem fortdauernden Bemühen der Staaten, den postpandemischen Inflationsschub einzudämmen. Die Zentralbanken gelangen nach unterschiedlicher Zeit und mit der Aussicht auf verschiedene Spitzenzinsen an das Ende ihrer Straffungszyklen.

Nach unserer Einschätzung haben sowohl das Wachstum als auch die Inflation ihren Gipfel überschritten. Demnach sollte sich das Wachstum der einzelnen Industrienationen unterschiedlich stark verlangsamen und in bestimmten Fällen sogar schrumpfen. Die allgemeine Resilienz, die die Wirtschaft im laufenden Jahr auszeichnet, dürfte im nächsten Jahr einer Schwäche weichen, wenn die Konjunkturprogramme zurückgefahren werden und sich die verzögerten Auswirkungen der restriktiveren Geldpolitik stärker in der Weltwirtschaft niederschlagen.

Diese kollektive Abkühlung sollte von Land zu Land unterschiedlich ausgeprägt sein, in Abhängigkeit von der jeweiligen Zinssensitivität. Hierbei werden strukturelle Unterschiede auf den Immobilienmärkten und bei der Hypothekenfinanzierung zum Tragen kommen. Über unseren sechs- bis zwölfmonatigen Konjunkturhorizont haben wir fünf Hauptthemen für die Wirtschaftsentwicklung sowie drei für die Vermögensanlage herausgestellt, die wir in den folgenden Abschnitten erläutern werden.

Im gegenwärtigen Umfeld setzen wir auf globale Anlagechancen und sind bestrebt, unser Zinsengagement stärker nach Laufzeiten und Ländern zu diversifizieren. Zu den aktuellen Kursen preisen riskantere Vermögenswerte wie Aktien aus unserer Sicht kein ausreichendes Abwärtsrisiko für die Möglichkeit einer tieferen Rezession ein.

Da die Renditen – sowohl nominal als auch inflationsbereinigt – höher sind als in den letzten zehn Jahren und die Inflation nachlässt, blicken wir nun zuversichtlicher auf die Aussichten für festverzinsliche Wertpapiere. Wir positionieren unsere Portfolios wie immer für eine breite Palette makroökonomischer und marktspezifischer Entwicklungen, die über unser Basisszenario hinausgehen.

Wirtschaftliche Aussichten: Schwäche und Divergenz in Sicht

In diesem Jahr feiert die Londoner Niederlassung von PIMCO den 25. Jahrestag ihrer Eröffnung. Heute ist Großbritannien das zweitgrößte Asset-Management-Zentrum der Welt und beheimatet den zweitgrößten Handelsplatz von PIMCO, was die Bedeutung unseres internationalen Kundenstamms unterstreicht. London ist unser Hauptsitz für die Region Europa, Nahost und Afrika (EMEA), in der mittlerweile acht Niederlassungen angesiedelt sind.

Dass an diesem Ort nun das erste Cyclical Forum außerhalb der USA ausgerichtet wurde, hat einige der Hauptziele unseres Forumsprozesses vorangebracht – etwa die Förderung einer globalen Denkweise und die Infragestellung unserer eigenen Annahmen und Vorurteile.

Vor einem Jahr stand der britische Markt für verbindlichkeitsorientierte Anlagen (Liability-Driven Investments; LDI) vor einer Krise, die begann, als die britische Regierung ungedeckte Ausgabenerhöhungen vorschlug. Damit stieß sie einen Abverkauf britischer Staatsanleihen, sogenannter Gilts, an und schickte das britische Pfund auf Talfahrt.

In unserem langfristigen Ausblick „Wirtschaftliche Nachbeben“ vom Juni 2023 konstatierten wir, dass die LDI-Krise mit Blick auf langfristige globale Finanzierungsprobleme wie der berühmte Kanarienvogel im Kohlebergwerk eine Warnung sein könnte. Dies ist zurzeit besonders relevant, da die Regierungen in aller Welt mit einer wachsenden Schuldenlast zu kämpfen haben. Dazu gehören auch die USA – der weltweit größte Emittent von Staatsanleihen –, denen die Ratingagentur Fitch im August die AAA-Bonitätsnote entzog. Als wir diese und andere Themen bei unserem Forum diskutierten, konnten wir uns glücklich schätzen, Sir Charles Bean, den ehemaligen Vizechef der Bank of England, als Gastredner zu haben.

Während der Veranstaltungsort dazu beitrug, andere Märkte außerhalb der USA stärker ins Rampenlicht zu rücken, nutzten wir unser Cyclical Forum auf die gleiche Weise wie immer: um die neuesten Chancen und Risiken in der Wirtschafts- und Investmentlandschaft zu diskutieren und einen Ausblick für die nächsten sechs bis zwölf Monate zu entwickeln. Im Ergebnis stehen fünf zentrale Wirtschaftsthemen.

1) Die Resilienz und die finanzpolitische Unterstützung dürften schwinden, wenn die Bremswirkung der Geldpolitik einsetzt

Wie Milton Friedman einst feststellte, entfaltet die Geldpolitik ihre Wirkung mit „langen und unterschiedlichen Verzögerungen“. Das Gleiche gilt unserer Meinung nach für die Finanzpolitik. So war die robuste konjunkturelle Entwicklung in diesem Jahr primär der expansiven Finanzpolitik zu verdanken: Das US-Defizit weitete sich aus, und die Haushalte verfügten infolge der pandemiebedingten Konjunkturmaßnahmen über reichlich Ersparnisse.

Dieser Rückenwind dürfte jedoch bald nachlassen. Die US-Fiskalpolitik wird einen restriktiven Kurs einschlagen, während die zuletzt erhöhte Inflation den realen Wert des Vermögens untergräbt – auch jenen der überschüssigen Ersparnisse, die sich bei den privaten Haushalten infolge der pandemiebedingten Hilfszahlungen angesammelt haben. Wie unsere Analyse zeigt, sollte der reale Wert der liquiden Mittel, die sich während der Pandemie bei den privaten Haushalten angehäuft haben (siehe Abbildung 1), über unseren konjunkturellen Horizont abnehmen. 

Abbildung 1: In den Industrieländern dürften die liquiden Mittel der Haushalte nach den postpandemischen Höchstständen real zurückgehen

Figure 1 consists of two line charts side by side. The chart at the left shows the percent change in nominal household liquid assets vs. 4Q 2019 in developed market economies – New Zealand, Canada, Australia, Japan, the U.K., the eurozone, and the U.S. – from 2020 through March 2023. The chart at the right shows the change in real household liquid assets for those same countries over the same period. Nominal household liquid assets – including currency, deposits, and money market funds – rose steadily in the U.S. from 4Q 2019, climbing 37% in March 2022 before fading. Assets have steadily increased in Australia, to 37% in March 2023 versus 4Q 2019 levels. Nominal assets rose less sharply in the U.K., the eurozone, and Japan and have shown signs of peaking in those regions. In real terms, the increase in household liquid assets has slowed steadily in all countries versus 4Q 2019 since their peak in mid-2020. However, the change in real household assets has remained above zero in all regions. The source for the data is PIMCO, the OECD, national statistics offices and central banks as of 11 September 2023.
Die liquiden Vermögenswerte privater Haushalte sind definiert als Bargeld, Einlagen und Geldmarktfonds, die sich im Besitz privater Haushalte befinden. Quelle: PIMCO, OECD, nationale Statistikämter und Zentralbanken; Stand: 11. September 2023.

Wenn die finanzpolitische Unterstützung nachlässt, verstärkt sich die Bremskraft der restriktiveren Geldpolitik. Wie wir in unserem langfristigen Ausblick herausgestellt haben, dürfte jedwede künftige Unterstützung der Fiskalpolitik durch die hohe Verschuldung begrenzt sein sowie durch die Rolle, die den Konjunkturpaketen beim Anheizen der Inflation nach der Pandemie zukam.

Zugegeben – es gibt auch Faktoren, die die Wirkung der Geldpolitik zum jetzigen Zeitpunkt abschwächen könnten. Der Privatsektor ist im Besitz umfangreicher Barmittel, die hohe Zinsen einbringen. Außerdem durchleben wir die erste große Straffungsrunde, in der die Zentralbanken Zinsen auf Bankreserven zahlen.

Zudem folgt die Zinsstrukturkurve einem umgekehrten Verlauf, womit kurzfristige Schuldtitel eine höhere Rendite abwerfen als langfristige. Das kommt dem Nettozinseinkommen der Haushalte zugute, die für gewöhnlich Vermögenswerte mit kurzer Laufzeit und Verbindlichkeiten mit langer Laufzeit halten.

Darüber hinaus haben Haushalte wie Unternehmen die Laufzeit ihrer Verbindlichkeiten verlängert, wodurch der Zinsanstieg nur allmählich durchschlägt. Und da die Zentralbanken umfangreiche Anleihenkäufe getätigt haben, müssen nun auch die Regierungen einen größeren Teil der jüngsten Kursverluste bei Anleihen auffangen.

Trotz allem glauben wir, dass uns eine konjunkturelle Abkühlung bevorsteht. Im nächsten Jahr ist mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit zu rechnen, wodurch es zu einer Normalisierung der Zentralbankzinsen in Richtung ihrer neutralen Niveaus kommen sollte.

2) Wachstum und Inflation haben ihren Höhepunkt erreicht

Die Weltwirtschaft – angeführt von den USA – legt eine bemerkenswerte Resilienz an den Tag, obwohl sie einen der rasantesten Straffungszyklen der modernen Geschichte durchläuft. Dies wirft Fragen zur Wirksamkeit der Geldpolitik auf.

Wir diskutierten darüber, ob es möglich sein könnte, dass die Wirkung der Geldpolitik infolge der Pandemie und der damit verbundenen politischen Reaktion nun mit noch größerer Verzögerung eintritt oder ob eine weitere Straffung erforderlich sein wird, was vielleicht durch den Anstieg des neutralen langfristigen Realzinses bedingt ist. (Der neutrale Zins bzw. r* ist der geschätzte Zinssatz, der auf lange Sicht mit einer voll ausgelasteten Volkswirtschaft und dem Inflationsziel vereinbar ist.)

Wir kamen zu dem Ergebnis, dass es sich primär um eine Verzögerung handelt. Aus unserer Sicht hat das Wachstum seinen Höhepunkt erreicht, und die aktuelle Resilienz dürfte sich in Schwäche umwandeln, wenn das Wachstum im weiteren Jahresverlauf und zum Jahreswechsel 2024 hin geringer ausfällt.

Schon bald wird finanzpolitischer Gegenwind aufkommen – vor allem in den USA. Zugleich halten wir den geldpolitischen Mechanismus noch immer für wirksam, was sich in der sichtlichen Verlangsamung des Kreditwachstums und der bedeutenden Straffung der Kreditvergabestandards von Banken zeigt.

In unseren Augen wird die Widerstandskraft einer Schwäche weichen, wenn sich das Gesamtwachstum später in diesem Jahr sowie Anfang 2024 verlangsamt.

Die Inflation hat nach unserem Dafürhalten ebenfalls ihren Höhepunkt erreicht. So haben sowohl die Gesamt- als auch die Kerninflation ihren Gipfel in den meisten Industrieländern hinter sich gelassen, wenn auch auf unterschiedlichen Niveaus. Die rigide Lohninflation sollte der Kerninflation aber noch länger eine Stütze bieten, sofern der Arbeitsmarkt keine Schwäche zeigt. Nach unserer Prognose dürfte die Kerninflation in den USA und Europa per Ende 2024 im Bereich von 2,5 bis 3,0 Prozent rangieren. Dabei sollte der Preisauftrieb durch das rückläufige Wachstum und die zunehmende Arbeitslosigkeit zusehends gehemmt werden, was auch durch andere Faktoren unterstützt wird.

Abbildung 2: In den USA liegen die Realzinsen erst seit Ende 2022 über null

Figure 2 is a line chart showing U.S. real rates from January 2021 through September 2023 for the 1-year, 2-year, 5-year, 10-year and 30-year tenors. Real rates were negative for the most part across all tenors until the Fed began raising interest rates in March 2022. Real rates then started to climb, with the 30-year rate rising above 0% soon after, followed in succession by the 10-year, 5-year, 2-year and 1-year rates. However, in late 2022, the yield curve became inverted with the 1-year and 2-year yields climbing above the 30-year rise and stood at between 2% and 3% for all tenors at the end of September. However, the yield curve has been inverted since late 2022. The source for the data is Bloomberg as of 29 September 2023.
Quelle: PIMCO, Bloomberg; Stand: 29. September 2023.

3) Eine sanfte Landung wäre eine Anomalie

An dieser Stelle sei auf die historische Seltenheit hingewiesen, mit der eine Zentralbank eine sanfte Landung bewerkstelligen oder eine Rezession abwenden konnte, wenn die Inflation zu Beginn eines Zyklus hoch war.

In diesem Zusammenhang haben wir 140 Straffungszyklen in verschiedenen Industrieländer von den 1960er-Jahren bis heute analysiert. Wann immer eine Zentralbank ihre Leitzinsen um 400 Basispunkte (Bp) oder mehr angehoben hat – was im aktuellen Zyklus mehrfach der Fall war, unter anderem seitens der US-Notenbank (Fed), der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Bank of England (BOE) –, mündete das Ganze fast jedes Mal in einer Rezession.

Das Bemerkenswerte ist, dass sich die Konjunktur in vergangenen Zinserhöhungszyklen oftmals besser entwickelte, wenn diese mit einer Angebotssteigerung einhergingen. Hier könnte die postpandemische Normalisierung der Lieferketten Abhilfe schaffen, ebenso wie ein möglicher KI-gestützter Produktivitätsschub. Inwieweit diese Faktoren über unseren konjunkturellen Horizont zur Steigerung der Produktivität beitragen, bleibt jedoch abzuwarten.

Weitere Hilfestellung könnten die günstigen Ausgangsbedingungen der Haushalts- und der Unternehmensbilanzen sowie die proaktive Politik zur Finanzstabilität leisten – man denke nur an die Interventionen der BOE während der LDI-Krise oder an die rasche Ausweitung der Bankgarantien durch die US Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) unter den außergewöhnlichen Umständen, die Anfang des Jahres vorherrschten. Diese Maßnahmen konnten eine Rezession bis dato erfolgreich abwenden.

Wie die Geschichte nahelegt, bergen straffe Finanzbedingungen indessen ein hohes Risiko für Finanzmarktunfälle, insbesondere in anfälligen Marktbereichen wie Privatfinanzierungen, Gewerbeimmobilien und Bankdarlehen.

Ferner bestehen auch Risiken im Zusammenhang mit China. Die Erholung der Volksrepublik verlief schwächer als erwartet, da sie durch den Immobilienmarkt belastet wurde. Nach Angaben der nationalen Statistikbehörde Chinas sind die Wohnungsbauinvestitionen, bei denen mit einer Stabilisierung gerechnet wurde, im August um 7,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken.

Um den chinesischen Immobiliensektor und die breitere Wirtschaft zu stabilisieren, sind vermutlich weitere Konjunkturimpulse nötig. Dabei besteht die Gefahr, dass die Anreizpolitik nicht ausreicht oder nicht schnell genug umgesetzt wird. In einem Abwärtsszenario könnte sich das Wachstum im Jahr 2024 weiter verlangsamen (auf 3,0 Prozent, verglichen mit unserer aktuellen Basisschätzung von 4,4 Prozent). Dies würde auch die chinesische Nachfrage nach globalen Gütern und Dienstleistungen verringern und die Weltwirtschaft belasten.

Die chinesische Regierung verfügt noch immer über die Kapazitäten und die Instrumente, um ein solches Abwärtsszenario abzuwenden. Entsprechend gehen wir davon aus, dass das Wachstum durch eine Fortsetzung der expansiven Geldpolitik gestützt wird.

Eine weitere finanzpolitische Hilfestellung, und damit verbunden ein größeres Defizit der Zentralregierung und umfangreichere Emissionen von Sonderanleihen durch die Kommunalverwaltungen, könnten dazu beitragen, die Binnennachfrage über Infrastrukturinvestitionen oder Steuererleichterungen anzukurbeln. Des Weiteren halten wir eine weitere Senkung des chinesischen Leitzinses, der aktuell bei 2,65 Prozent steht, für wahrscheinlich. Schließlich plädierte die Regierung unlängst für mehr antizyklische gesamtwirtschaftliche Maßnahmen, um einen kräftigen Wirtschaftsabschwung zu verhindern.

4) Das Rezessionsrisiko scheint höher zu sein, als von den Märkten eingepreist

Unser Basisszenario beinhaltet ein unterdurchschnittliches Wachstum und eine rückläufige Inflation. Demgegenüber scheinen die Märkte – und insbesondere riskante Vermögenswerte – eine „makellose Disinflation“ einzupreisen, bei der das Wachstum solide bleibt und die Kerninflation sich recht schnell in Richtung der Zentralbankziele bewegt. Darin spiegelt sich aus unserer Sicht möglicherweise Selbstgefälligkeit wider.

Wir erwarten, dass das Wachstum der Industrieländer in den kommenden Quartalen unterschiedlich stark einbricht, wobei die zinssensitivsten Nationen am schlechtesten abschneiden sollten. Europa und das Vereinigte Königreich scheinen wegen ihrer Handelsbeziehungen mit China und der anhaltenden Auswirkungen des Energieschocks auf die Geschäfts- und Investitionsbedingungen anfälliger zu sein. Auch das US-Wachstum dürfte sich verlangsamen und zwischen Stagnation und leichter Rezession schwanken.

Zugleich dürften die Arbeitslosenquoten stärker zulegen, als sowohl der Konsens als auch die Zentralbanken es nahelegen – und zwar um rund einen Prozentpunkt mehr in den USA und geringfügig mehr in Europa.

5) Die Geldpolitik dürfte verschiedene Richtungen einschlagen

Das Ausmaß der zu erwartenden konjunkturellen Abkühlung bleibt ungewiss und wird von Volkswirtschaft zu Volkswirtschaft unterschiedlich ausfallen. 

Dabei bedeutet der eher verhaltene Rückgang der Inflation, dass die Zentralbanken wohl kaum zur Rettung eilen werden, um das Wachstum wieder anzukurbeln. Auch wenn die großen Zentralbanken – darunter die Fed, die EZB und die BOE – unserer Ansicht nach am oder kurz vor dem Ende ihrer Straffungszyklen stehen, ist zu erwarten, dass sie mit Zinssenkungen wegen ihres Mandats zur Inflationskontrolle vorsichtig umgehen werden.

Hier könnten die Entwicklungen jedoch deutlich auseinanderlaufen. So könnte sich in Volkswirtschaften mit einer höheren Zinssensitivität, darunter Australien, Neuseeland und Kanada, ein ganz anderes Bild abzeichnen, wo die Verschuldung der privaten Haushalte und der Umfang von Hypotheken mit variablem Zinssatz gemeinhin höher sind (siehe Abbildung 3). Entsprechend könnten sich die dortigen Zinsen rascher normalisieren, als die Marktpreise es vermuten lassen.

Abbildung 3: Je nach Land sind Hypotheken mitunter ganz unterschiedlich strukturiert

Figure 3 is two bar charts side by side. The left side shows the share of mortgages that are variable rate in several developed market countries (as a percentage of all mortgages). In Sweden and Australia, more than 80% are variable rate; around 30% in Canada; around 10%–15% in New Zealand, Germany, and the U.K., and about 6% in the U.S.  The right side shows the typical term length of mortgages in these same countries: 1 year in Sweden, 2 years in Australia and New Zealand, 5 years in the U.K. and Canada, 10 years in Germany, and 30 years in the U.S. The source of the data is regional statistics offices and central banks as of September 2023.
Quellen für Hypotheken mit variablem Zinssatz: Australian Bureau of Statistics, Bank of Canada, Bank of England, Europäische Zentralbank, U.S. Federal Housing Finance Agency, Reserve Bank of New Zealand; Stand: August 2023 (Großbritannien, Neuseeland), Juli 2023 (Schweden, Australien, Kanada, Deutschland), Juni 2023 (USA). Quellen für die gängigsten Laufzeiten: Reserve Bank of Australia (RBA), Europäische Kommission, Fitch Ratings, Morgan Stanley Research; Stand: September 2023.

Was die übrigen Länder angeht, ist mit weiteren Zinssenkungen der chinesischen Notenbank (PBOC) zu rechnen, wenn auch nur in Maßen. Die Bank of Japan (BOJ) dürfte sich hingegen dem Trend widersetzen und ihren Leitzins im nächsten Jahr anheben, was dem stärkeren Preisauftrieb als in der Vergangenheit zuzuschreiben ist.

Unter den Schwellenländern könnten die Entwicklungen deutlich auseinandergehen, da eher orthodoxe Zentralbanken – unter anderem in Brasilien und Mexiko, die ihre Zinsen frühzeitig (und in vielen Fällen noch vor der US-Notenbank) angehoben haben – in der Lage sein werden, ihre Geldpolitik recht schnell zu lockern. Demgegenüber dürften andere Zentralbanken, etwa in Polen und in der Türkei, stärker eingeschränkt sein.

Anlagekonsequenzen: Rosige Aussichten für Anleihen in diversen Szenarien

In unserem Basisszenario geht die Inflation weiter in Richtung der Zentralbankziele zurück, wobei es länger dauert, bis der Lohndruck nachlässt.

Neben diesem Basisszenario beziehen wir auch die relativen Risiken anderer Szenarien mit ein, wenn wir unsere Anlageschlussfolgerungen formulieren, und geben beim Aufbau von Portfolios darauf Acht, sowohl positive als auch negative Überraschungen abzufedern. Die alternativen Szenarien reichen von einer „harten Landung“ (bei der Wachstum und Inflation rasch sinken) bis zu einer „weiteren Überhitzung“ (bei der das Wachstum stabil bleibt und die Inflation wieder anzieht).

Aus unserer Sicht gibt es drei zentrale Anlagethemen:

1) Gute Aussichten für Festzinsanlagen wegen ihrer Anfangsrenditen und des Wirtschaftsausblicks

Unseres Erachtens haben Wachstum und Inflation ihr höchstes Niveau erreicht. Wir schätzen das Rezessionsrisiko höher ein, als die Märkte es einpreisen, was rosige Aussichten für die Anleihenerträge bedeutet. Nach ihrem jüngsten Anstieg liegen die Anfangsrenditen, die historisch stark mit den Erträgen korrelieren, auf sehr attraktiven Niveaus, da sie sowohl real als auch nominal so hoch sind wie seit mindestens einem Jahrzehnt nicht mehr (siehe Abbildung 4).

Abbildung 4: Nominale und reale Zehn-Jahres-Zinsen in verschiedenen Industrieländern

Figure 4 is two line charts. The first chart shows 10-year nominal interest rates in 5 developed market countries (U.S., U.K., Germany, Canada, and Australia) from 1990 through September 2023. In that time frame, nominal yields fluctuated some but along a downward trend from about 9%–14% in 1990 to a low hovering around zero in 2020, around the pandemic. They have since risen into a range from above 2% to above 4%. The second chart shows 10-year real rates for the same countries over the same time frame. Real rates generally and gradually dropped for much of that period, then rose rapidly following the pandemic, slowing those gains more recently but still off their lows and in a range of 0.5%–2.5%. Data source is PIMCO and Bloomberg as of 2 October 2023.
Quelle: PIMCO, Bloomberg; Stand: 2. Oktober 2023. Die britischen Realzinsen wurden angepasst, um sie auf VPI-Basis darzustellen. Alle Zinssätze beziehen sich auf zehnjährige Staatsanleihen.

Erstklassige Anleihenfonds rentieren heutzutage mit etwa fünf bis acht Prozent, was sie überaus interessant im Vergleich zu den erwarteten Aktienrenditen macht und Abwärtsschutz für den Fall einer Rezession bietet. Anleihen sehen angesichts der hohen Renditen von heute äußerst attraktiv aus, selbst wenn die Inflation nur bis zum oberen Ende unserer Prognosen zurückgeht, und können Anleger deutlich besser vor Unwägbarkeiten schützen.

Außerdem ist davon auszugehen, dass Anleihen und Aktien wieder zu ihrer eher typischen inversen Korrelation zurückkehren – bei der Anleihen gut abschneiden, wenn sich Aktien schwertun, und umgekehrt –, wenn sich die Inflation im nächsten Jahr noch weiter auf die Ziele der Zentralbanken zubewegt.

Die höhere Unsicherheit bezüglich der Inflation und die Besorgnis um die Staatsverschuldung, die sich beispielsweise in der britischen LDI-Krise oder in der Herabstufung des US-Bonitätsratings durch Fitch am 1. August 2023 ausdrückt, sollten dazu beitragen, die Laufzeitprämien (ein Maßstab für die Entlohnung, die Anleger für das Halten längerfristiger im Vergleich zu kürzer laufenden Schuldtiteln erhalten) in diversen Industrieländern wieder auf angemessene Niveaus zu befördern. Die Kennzahl der New Yorker Fed für die zehnjährige Laufzeitprämie von US-Staatsanleihen stieg im vergangenen Monat zum ersten Mal seit über zwei Jahren wieder in den positiven Bereich.

Nach unserer Einschätzung sollte r* sich wieder auf einem ähnlichen Niveau einpendeln wie vor der Pandemie. Das würde die Renditen festverzinslicher Wertpapiere tendenziell verankern und, gepaart mit den höheren Laufzeitprämien, langfristig wieder zu einer Versteilerung der Renditekurven führen.

2) Wir setzen auf das globale Chancenspektrum und diversifizierte Quellen von Anleihenrisiko und -rendite

Die Konsequenzen der Geld- und der Fiskalpolitik sowie die Erschöpfung der Ersparnisschwemme werden je nach Land unterschiedlich schnell zum Tragen kommen. Auch die Energiepreise, der Russland-Ukraine-Krieg und die Abhängigkeit von China werden ungleiche Auswirkungen auf die einzelnen Nationen haben. Daher rechnen wir damit, dass die Renditen hochwertiger festverzinslicher Anlagen aus verschiedenen Ländern stärker voneinander abweichen werden.

Zurzeit sind die globalen Anleihenrenditen sehr aussichtsreich und erscheinen schon heute hoch, wenn man sie mit den Niveaus vergleicht, die wir über den konjunkturellen Horizont und darüber hinaus erwarten. In der Duration werden wir erwartungsgemäß übergewichtet bleiben und jene Positionen aufstocken, deren Renditen noch weiter zulegen.

In den letzten Wochen wurde der Anstieg der globalen Renditen von den Vereinigten Staaten angeführt, und die US-Duration – ein Maß für die Preissensitivität einer Anleihe gegenüber Zinsschwankungen – birgt in sich bereits attraktives Renditepotenzial. Daneben sehen wir sehr gute Chancen in anderen Regionen – unter anderem in Australien, Kanada, Europa und Großbritannien –, was der unterschiedlichen Zinssensitivität zuzuschreiben ist sowie den verschiedenen Arten, auf die eine quantitative Straffung bzw. eine Veräußerung der Anleihenbestände aus den Zentralbankbilanzen erfolgt.

Außerdem könnten die Zinssenkungszyklen einzelner Nationen einem anderen Zeitablauf folgen, da die Zentralbanken je nach Inflationszahlen und Arbeitsmarktdynamik unterschiedliche Schwellenwerte für ihre restriktiven Maßnahmen festlegen.

Historisch betrachtet war die globale Diversifikation in der Lage, die risikobereinigten Renditen von Festzinsanlagen zu erhöhen.

Die BOJ befindet sich nach Jahrzehnten des schleppenden Wachstums und der verhaltenen Inflation noch immer in der Ausstiegsphase aus ihrem Zinskurven-Management und dürfte ihre Zinsen entsprechend anheben, während andere Zentralbanken ihre Zinsen senken. Aus unserer Sicht haben die japanischen Renditen noch Luft nach oben.

Wir sind überzeugt, dass eine Diversifikation der Durationspositionen und der Renditekurvenpositionierung weitreichende Vorteile mit sich bringt, die Anleger in die Lage versetzen können, höhere risikobereinigte Renditen ins Visier zu nehmen. In der Vergangenheit verhalf die globale Diversifikation den Anlegern stets zu einer höheren Rendite pro Einheit Volatilität. Das ist vor allem im heutigen Umfeld der auseinanderdriftenden Renditeerwartungen und der hohen Bandbreite von Risiken rund um das Basisszenario von Bedeutung.

3) Wir müssen uns für ein breites Spektrum makroökonomischer und marktspezifischer Entwicklungen positionieren

Wir sind uns der Bandbreite der Risiken rund um unser Basisszenario bewusst und überwachen diese, um unsere Portfolios entsprechend zu verwalten. Das bedeutet, flexibel und liquide zu bleiben und gleichzeitig den relativen Wert diverser Anlagegelegenheiten zu erkennen. Unter dem Strich ist das aktuelle Umfeld in unseren Augen noch immer sehr günstig für hochwertige Anleihen.

Im heutigen Umfeld können liquide Mittel interessant sein, da ihre kurzfristigen Renditen historisch hoch sind und sie uns die Flexibilität einräumen, Gelder umzuschichten, wenn sich weitere Chancen auftun. Diese Flexibilität geht jedoch nicht ohne Risiken einher: Barrenditen sind flüchtiger Natur.

Aus unserer Sicht verleihen Anleihen mit längerer Duration einem Portfolio mehr Widerstandskraft, bieten derzeit attraktive Renditen, die sich über einen längeren Zeithorizont sichern lassen, und können ihrem Besitzer Kursgewinne im Fall einer Rezession bescheren. Wir glauben, dass die Risiken einer hohen Inflation und eines rückläufigen Wachstums zusehends symmetrisch verteilt sind, während die Anleihenrenditen und -bewertungen an Attraktivität gewinnen. Was die Risikofaktoren für unsere Basisprognose angeht, könnten inflationsgeschützte Anleihen dazu beitragen, die Widerstandsfähigkeit eines Portfolios im Fall einer höheren Inflation als erwartet zu stärken.

Gegenüber Unternehmensanleihen bleiben wir zurückhaltend, was durch die Rezessionsrisiken bedingt ist, und tendieren auf breiter Front zu höherer Qualität. Ein Fokus auf einzelne Sektoren kann dazu beitragen, allgemeinere wirtschaftliche Unsicherheiten abzumildern.

Schwierigkeiten sehen wir nach wie vor bei variabel verzinslichen Unternehmensanleihen von geringer Qualität, wie etwa Bankdarlehen und gewisse Altbestände an Private-Credit-Positionen, da hier bereits erste Spuren der Belastung durch die höheren Zinssätze sichtbar werden.

Dagegen werden wir in vielen unserer Strategien bestrebt sein, hypothekenbesicherte Wertpapiere (MBS) der US-Agencies zu halten, da diese eine hohe Bonität aufweisen, staatliche Garantien bieten, über üppige Liquidität verfügen und attraktiv bewertet sind. Im Bereich der Kreditpapiere hegen wir zudem eine allgemeine Präferenz für verbriefte Anlagen und strukturierte Produkte.

Ferner lassen die erhöhten Zinssätze, die angespannten Bankbilanzen und der regulatorische Druck attraktive Gelegenheiten bei privaten Verbraucher- und gewerblichen Krediten entstehen. Aktuell halten wir die Rahmenbedingungen für opportunistische private Investitionen in Unternehmensanleihen und Immobilien für günstig.

Außerdem sehen wir Diversifikationsvorteile in ausgewählten Schwellenländern, die durch ihre Fortschritte bei der Inflationsbekämpfung und die aktuellen Realzinsniveaus entstehen. Ähnlich wie in den Industrieländern gehen wir davon aus, dass die Inflation auch hier von Land zu Land unterschiedlich stark nachlassen wird. In gewissen Nationen mit hohen Realzinsen und rückläufiger Inflation haben die Zentralbanken bereits mit der Lockerung ihrer Geldpolitik begonnen, wobei die Teuerung vielerorts schneller nachgelassen hat als in den Industrieländern.

Im Ergebnis hat sich das wirtschaftliche Umfeld in vielen Schwellenländern bereits zum Guten für das Wachstum, die Vermögenspreise und eine Währungsaufwertung gewendet. Dessen ungeachtet könnten die Schwellenländer auch im Jahr 2024 noch vor Wachstumsherausforderungen stehen, wenn die konjunkturelle Entwicklung Chinas verhalten bleibt und die Auswirkungen der restriktiveren globalen Geldpolitik spürbar werden.

Infolge seiner jüngsten Stärke beurteilen wir den US-Dollar inzwischen weitgehend neutral und konzentrieren uns darauf, Carry über den Devisenhandel zu generieren.


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PIMCO ist ein weltweit führender Anbieter von aktiv gemanagten festverzinslichen Wertpapieren mit umfassender Expertise an den öffentlichen und privaten Märkten. Unser Investmentprozess basiert auf den Erkenntnissen aus unseren Secular und Cyclical Forums. Unsere Investmentexperten aus aller Welt kommen viermal im Jahr zusammen, um über die Verfassung der globalen Märkte und der Weltwirtschaft zu diskutieren und jene Trends zu identifizieren, die wesentliche Auswirkungen auf Kapitalmärkte und Investments haben dürften. In diesen weitreichenden Diskussionen wenden wir Erkenntnisse aus der Verhaltensforschung an, um den Ideenaustausch zu maximieren, unsere Annahmen zu hinterfragen, kognitiven Vorurteilen entgegenzuwirken und einvernehmliche Erkenntnisse zu gewinnen.

Beim Secular Forum, das jährlich stattfindet, konzentrieren wir uns auf den Ausblick für die nächsten fünf Jahre, um die Portfolios auf strukturelle Veränderungen und Trends in der Weltwirtschaft auszurichten. Da wir der Auffassung sind, dass eine Vielfalt von Ideen bessere Anlageergebnisse liefert, laden wir namhafte Gastreferenten – Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften, politische Entscheidungsträger, Anleger und Historiker – ein, die wertvolle und vielfältige Perspektiven zu unseren Diskussionen beisteuern. Zudem begrüßen wir die aktive Teilnahme des PIMCO Global Advisory Board, eines Beratergremiums aus renommierten Fachleuten für Wirtschaft und Politik.

Beim Cyclical Forum, das dreimal im Jahr abgehalten wird, gilt unser Augenmerk den Perspektiven für die nächsten sechs bis zwölf Monate. Hier analysieren wir die Entwicklung von Geschäftszyklen in den maßgeblichen Volkswirtschaften der Industrie- und Schwellenländer. Unsere besondere Aufmerksamkeit gilt dabei potenziellen Veränderungen in der Geld- und Fiskalpolitik, den Marktrisikoprämien und den relativen Bewertungen, die Einfluss auf die Portfolio-Positionierung haben.

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