Nach dem Zenit
Im September wurde unser Cyclical Forum erstmals in London abgehalten, wo die aktuelle Konjunkturlage das widerspiegelt, was sich auf der ganzen Welt ereignet.
Die Bank of England (BOE) nähert sich dem Ende eines langwierigen Zinserhöhungspfads. Mit ihrer restriktiven Geldpolitik hat sie die Volatilität auf den britischen Finanzmärkten erhöht, und es ist zu befürchten, dass die britische Wirtschaft bald ins Stocken geraten oder in eine Rezession rutschen könnte.
Ähnliche Szenarien spielen sich auch in der übrigen Welt ab – in dem fortdauernden Bemühen der Staaten, den postpandemischen Inflationsschub einzudämmen. Die Zentralbanken gelangen nach unterschiedlicher Zeit und mit der Aussicht auf verschiedene Spitzenzinsen an das Ende ihrer Straffungszyklen.
Nach unserer Einschätzung haben sowohl das Wachstum als auch die Inflation ihren Gipfel überschritten. Demnach sollte sich das Wachstum der einzelnen Industrienationen unterschiedlich stark verlangsamen und in bestimmten Fällen sogar schrumpfen. Die allgemeine Resilienz, die die Wirtschaft im laufenden Jahr auszeichnet, dürfte im nächsten Jahr einer Schwäche weichen, wenn die Konjunkturprogramme zurückgefahren werden und sich die verzögerten Auswirkungen der restriktiveren Geldpolitik stärker in der Weltwirtschaft niederschlagen.
Diese kollektive Abkühlung sollte von Land zu Land unterschiedlich ausgeprägt sein, in Abhängigkeit von der jeweiligen Zinssensitivität. Hierbei werden strukturelle Unterschiede auf den Immobilienmärkten und bei der Hypothekenfinanzierung zum Tragen kommen. Über unseren sechs- bis zwölfmonatigen Konjunkturhorizont haben wir fünf Hauptthemen für die Wirtschaftsentwicklung sowie drei für die Vermögensanlage herausgestellt, die wir in den folgenden Abschnitten erläutern werden.
Im gegenwärtigen Umfeld setzen wir auf globale Anlagechancen und sind bestrebt, unser Zinsengagement stärker nach Laufzeiten und Ländern zu diversifizieren. Zu den aktuellen Kursen preisen riskantere Vermögenswerte wie Aktien aus unserer Sicht kein ausreichendes Abwärtsrisiko für die Möglichkeit einer tieferen Rezession ein.
Da die Renditen – sowohl nominal als auch inflationsbereinigt – höher sind als in den letzten zehn Jahren und die Inflation nachlässt, blicken wir nun zuversichtlicher auf die Aussichten für festverzinsliche Wertpapiere. Wir positionieren unsere Portfolios wie immer für eine breite Palette makroökonomischer und marktspezifischer Entwicklungen, die über unser Basisszenario hinausgehen.
Wirtschaftliche Aussichten: Schwäche und Divergenz in Sicht
In diesem Jahr feiert die Londoner Niederlassung von PIMCO den 25. Jahrestag ihrer Eröffnung. Heute ist Großbritannien das zweitgrößte Asset-Management-Zentrum der Welt und beheimatet den zweitgrößten Handelsplatz von PIMCO, was die Bedeutung unseres internationalen Kundenstamms unterstreicht. London ist unser Hauptsitz für die Region Europa, Nahost und Afrika (EMEA), in der mittlerweile acht Niederlassungen angesiedelt sind.
Dass an diesem Ort nun das erste Cyclical Forum außerhalb der USA ausgerichtet wurde, hat einige der Hauptziele unseres Forumsprozesses vorangebracht – etwa die Förderung einer globalen Denkweise und die Infragestellung unserer eigenen Annahmen und Vorurteile.
Vor einem Jahr stand der britische Markt für verbindlichkeitsorientierte Anlagen (Liability-Driven Investments; LDI) vor einer Krise, die begann, als die britische Regierung ungedeckte Ausgabenerhöhungen vorschlug. Damit stieß sie einen Abverkauf britischer Staatsanleihen, sogenannter Gilts, an und schickte das britische Pfund auf Talfahrt.
In unserem langfristigen Ausblick „Wirtschaftliche Nachbeben“ vom Juni 2023 konstatierten wir, dass die LDI-Krise mit Blick auf langfristige globale Finanzierungsprobleme wie der berühmte Kanarienvogel im Kohlebergwerk eine Warnung sein könnte. Dies ist zurzeit besonders relevant, da die Regierungen in aller Welt mit einer wachsenden Schuldenlast zu kämpfen haben. Dazu gehören auch die USA – der weltweit größte Emittent von Staatsanleihen –, denen die Ratingagentur Fitch im August die AAA-Bonitätsnote entzog. Als wir diese und andere Themen bei unserem Forum diskutierten, konnten wir uns glücklich schätzen, Sir Charles Bean, den ehemaligen Vizechef der Bank of England, als Gastredner zu haben.
Während der Veranstaltungsort dazu beitrug, andere Märkte außerhalb der USA stärker ins Rampenlicht zu rücken, nutzten wir unser Cyclical Forum auf die gleiche Weise wie immer: um die neuesten Chancen und Risiken in der Wirtschafts- und Investmentlandschaft zu diskutieren und einen Ausblick für die nächsten sechs bis zwölf Monate zu entwickeln. Im Ergebnis stehen fünf zentrale Wirtschaftsthemen.
1) Die Resilienz und die finanzpolitische Unterstützung dürften schwinden, wenn die Bremswirkung der Geldpolitik einsetzt
Wie Milton Friedman einst feststellte, entfaltet die Geldpolitik ihre Wirkung mit „langen und unterschiedlichen Verzögerungen“. Das Gleiche gilt unserer Meinung nach für die Finanzpolitik. So war die robuste konjunkturelle Entwicklung in diesem Jahr primär der expansiven Finanzpolitik zu verdanken: Das US-Defizit weitete sich aus, und die Haushalte verfügten infolge der pandemiebedingten Konjunkturmaßnahmen über reichlich Ersparnisse.
Dieser Rückenwind dürfte jedoch bald nachlassen. Die US-Fiskalpolitik wird einen restriktiven Kurs einschlagen, während die zuletzt erhöhte Inflation den realen Wert des Vermögens untergräbt – auch jenen der überschüssigen Ersparnisse, die sich bei den privaten Haushalten infolge der pandemiebedingten Hilfszahlungen angesammelt haben. Wie unsere Analyse zeigt, sollte der reale Wert der liquiden Mittel, die sich während der Pandemie bei den privaten Haushalten angehäuft haben (siehe Abbildung 1), über unseren konjunkturellen Horizont abnehmen.
Wenn die finanzpolitische Unterstützung nachlässt, verstärkt sich die Bremskraft der restriktiveren Geldpolitik. Wie wir in unserem langfristigen Ausblick herausgestellt haben, dürfte jedwede künftige Unterstützung der Fiskalpolitik durch die hohe Verschuldung begrenzt sein sowie durch die Rolle, die den Konjunkturpaketen beim Anheizen der Inflation nach der Pandemie zukam.
Zugegeben – es gibt auch Faktoren, die die Wirkung der Geldpolitik zum jetzigen Zeitpunkt abschwächen könnten. Der Privatsektor ist im Besitz umfangreicher Barmittel, die hohe Zinsen einbringen. Außerdem durchleben wir die erste große Straffungsrunde, in der die Zentralbanken Zinsen auf Bankreserven zahlen.
Zudem folgt die Zinsstrukturkurve einem umgekehrten Verlauf, womit kurzfristige Schuldtitel eine höhere Rendite abwerfen als langfristige. Das kommt dem Nettozinseinkommen der Haushalte zugute, die für gewöhnlich Vermögenswerte mit kurzer Laufzeit und Verbindlichkeiten mit langer Laufzeit halten.
Darüber hinaus haben Haushalte wie Unternehmen die Laufzeit ihrer Verbindlichkeiten verlängert, wodurch der Zinsanstieg nur allmählich durchschlägt. Und da die Zentralbanken umfangreiche Anleihenkäufe getätigt haben, müssen nun auch die Regierungen einen größeren Teil der jüngsten Kursverluste bei Anleihen auffangen.
Trotz allem glauben wir, dass uns eine konjunkturelle Abkühlung bevorsteht. Im nächsten Jahr ist mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit zu rechnen, wodurch es zu einer Normalisierung der Zentralbankzinsen in Richtung ihrer neutralen Niveaus kommen sollte.
2) Wachstum und Inflation haben ihren Höhepunkt erreicht
Die Weltwirtschaft – angeführt von den USA – legt eine bemerkenswerte Resilienz an den Tag, obwohl sie einen der rasantesten Straffungszyklen der modernen Geschichte durchläuft. Dies wirft Fragen zur Wirksamkeit der Geldpolitik auf.
Wir diskutierten darüber, ob es möglich sein könnte, dass die Wirkung der Geldpolitik infolge der Pandemie und der damit verbundenen politischen Reaktion nun mit noch größerer Verzögerung eintritt oder ob eine weitere Straffung erforderlich sein wird, was vielleicht durch den Anstieg des neutralen langfristigen Realzinses bedingt ist. (Der neutrale Zins bzw. r* ist der geschätzte Zinssatz, der auf lange Sicht mit einer voll ausgelasteten Volkswirtschaft und dem Inflationsziel vereinbar ist.)
Wir kamen zu dem Ergebnis, dass es sich primär um eine Verzögerung handelt. Aus unserer Sicht hat das Wachstum seinen Höhepunkt erreicht, und die aktuelle Resilienz dürfte sich in Schwäche umwandeln, wenn das Wachstum im weiteren Jahresverlauf und zum Jahreswechsel 2024 hin geringer ausfällt.
Schon bald wird finanzpolitischer Gegenwind aufkommen – vor allem in den USA. Zugleich halten wir den geldpolitischen Mechanismus noch immer für wirksam, was sich in der sichtlichen Verlangsamung des Kreditwachstums und der bedeutenden Straffung der Kreditvergabestandards von Banken zeigt.
Die Inflation hat nach unserem Dafürhalten ebenfalls ihren Höhepunkt erreicht. So haben sowohl die Gesamt- als auch die Kerninflation ihren Gipfel in den meisten Industrieländern hinter sich gelassen, wenn auch auf unterschiedlichen Niveaus. Die rigide Lohninflation sollte der Kerninflation aber noch länger eine Stütze bieten, sofern der Arbeitsmarkt keine Schwäche zeigt. Nach unserer Prognose dürfte die Kerninflation in den USA und Europa per Ende 2024 im Bereich von 2,5 bis 3,0 Prozent rangieren. Dabei sollte der Preisauftrieb durch das rückläufige Wachstum und die zunehmende Arbeitslosigkeit zusehends gehemmt werden, was auch durch andere Faktoren unterstützt wird.
3) Eine sanfte Landung wäre eine Anomalie
An dieser Stelle sei auf die historische Seltenheit hingewiesen, mit der eine Zentralbank eine sanfte Landung bewerkstelligen oder eine Rezession abwenden konnte, wenn die Inflation zu Beginn eines Zyklus hoch war.
In diesem Zusammenhang haben wir 140 Straffungszyklen in verschiedenen Industrieländer von den 1960er-Jahren bis heute analysiert. Wann immer eine Zentralbank ihre Leitzinsen um 400 Basispunkte (Bp) oder mehr angehoben hat – was im aktuellen Zyklus mehrfach der Fall war, unter anderem seitens der US-Notenbank (Fed), der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Bank of England (BOE) –, mündete das Ganze fast jedes Mal in einer Rezession.
Das Bemerkenswerte ist, dass sich die Konjunktur in vergangenen Zinserhöhungszyklen oftmals besser entwickelte, wenn diese mit einer Angebotssteigerung einhergingen. Hier könnte die postpandemische Normalisierung der Lieferketten Abhilfe schaffen, ebenso wie ein möglicher KI-gestützter Produktivitätsschub. Inwieweit diese Faktoren über unseren konjunkturellen Horizont zur Steigerung der Produktivität beitragen, bleibt jedoch abzuwarten.
Weitere Hilfestellung könnten die günstigen Ausgangsbedingungen der Haushalts- und der Unternehmensbilanzen sowie die proaktive Politik zur Finanzstabilität leisten – man denke nur an die Interventionen der BOE während der LDI-Krise oder an die rasche Ausweitung der Bankgarantien durch die US Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) unter den außergewöhnlichen Umständen, die Anfang des Jahres vorherrschten. Diese Maßnahmen konnten eine Rezession bis dato erfolgreich abwenden.
Wie die Geschichte nahelegt, bergen straffe Finanzbedingungen indessen ein hohes Risiko für Finanzmarktunfälle, insbesondere in anfälligen Marktbereichen wie Privatfinanzierungen, Gewerbeimmobilien und Bankdarlehen.
Ferner bestehen auch Risiken im Zusammenhang mit China. Die Erholung der Volksrepublik verlief schwächer als erwartet, da sie durch den Immobilienmarkt belastet wurde. Nach Angaben der nationalen Statistikbehörde Chinas sind die Wohnungsbauinvestitionen, bei denen mit einer Stabilisierung gerechnet wurde, im August um 7,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken.
Um den chinesischen Immobiliensektor und die breitere Wirtschaft zu stabilisieren, sind vermutlich weitere Konjunkturimpulse nötig. Dabei besteht die Gefahr, dass die Anreizpolitik nicht ausreicht oder nicht schnell genug umgesetzt wird. In einem Abwärtsszenario könnte sich das Wachstum im Jahr 2024 weiter verlangsamen (auf 3,0 Prozent, verglichen mit unserer aktuellen Basisschätzung von 4,4 Prozent). Dies würde auch die chinesische Nachfrage nach globalen Gütern und Dienstleistungen verringern und die Weltwirtschaft belasten.
Die chinesische Regierung verfügt noch immer über die Kapazitäten und die Instrumente, um ein solches Abwärtsszenario abzuwenden. Entsprechend gehen wir davon aus, dass das Wachstum durch eine Fortsetzung der expansiven Geldpolitik gestützt wird.
Eine weitere finanzpolitische Hilfestellung, und damit verbunden ein größeres Defizit der Zentralregierung und umfangreichere Emissionen von Sonderanleihen durch die Kommunalverwaltungen, könnten dazu beitragen, die Binnennachfrage über Infrastrukturinvestitionen oder Steuererleichterungen anzukurbeln. Des Weiteren halten wir eine weitere Senkung des chinesischen Leitzinses, der aktuell bei 2,65 Prozent steht, für wahrscheinlich. Schließlich plädierte die Regierung unlängst für mehr antizyklische gesamtwirtschaftliche Maßnahmen, um einen kräftigen Wirtschaftsabschwung zu verhindern.
4) Das Rezessionsrisiko scheint höher zu sein, als von den Märkten eingepreist
Unser Basisszenario beinhaltet ein unterdurchschnittliches Wachstum und eine rückläufige Inflation. Demgegenüber scheinen die Märkte – und insbesondere riskante Vermögenswerte – eine „makellose Disinflation“ einzupreisen, bei der das Wachstum solide bleibt und die Kerninflation sich recht schnell in Richtung der Zentralbankziele bewegt. Darin spiegelt sich aus unserer Sicht möglicherweise Selbstgefälligkeit wider.
Wir erwarten, dass das Wachstum der Industrieländer in den kommenden Quartalen unterschiedlich stark einbricht, wobei die zinssensitivsten Nationen am schlechtesten abschneiden sollten. Europa und das Vereinigte Königreich scheinen wegen ihrer Handelsbeziehungen mit China und der anhaltenden Auswirkungen des Energieschocks auf die Geschäfts- und Investitionsbedingungen anfälliger zu sein. Auch das US-Wachstum dürfte sich verlangsamen und zwischen Stagnation und leichter Rezession schwanken.
Zugleich dürften die Arbeitslosenquoten stärker zulegen, als sowohl der Konsens als auch die Zentralbanken es nahelegen – und zwar um rund einen Prozentpunkt mehr in den USA und geringfügig mehr in Europa.
5) Die Geldpolitik dürfte verschiedene Richtungen einschlagen
Das Ausmaß der zu erwartenden konjunkturellen Abkühlung bleibt ungewiss und wird von Volkswirtschaft zu Volkswirtschaft unterschiedlich ausfallen.
Dabei bedeutet der eher verhaltene Rückgang der Inflation, dass die Zentralbanken wohl kaum zur Rettung eilen werden, um das Wachstum wieder anzukurbeln. Auch wenn die großen Zentralbanken – darunter die Fed, die EZB und die BOE – unserer Ansicht nach am oder kurz vor dem Ende ihrer Straffungszyklen stehen, ist zu erwarten, dass sie mit Zinssenkungen wegen ihres Mandats zur Inflationskontrolle vorsichtig umgehen werden.
Hier könnten die Entwicklungen jedoch deutlich auseinanderlaufen. So könnte sich in Volkswirtschaften mit einer höheren Zinssensitivität, darunter Australien, Neuseeland und Kanada, ein ganz anderes Bild abzeichnen, wo die Verschuldung der privaten Haushalte und der Umfang von Hypotheken mit variablem Zinssatz gemeinhin höher sind (siehe Abbildung 3). Entsprechend könnten sich die dortigen Zinsen rascher normalisieren, als die Marktpreise es vermuten lassen.
Was die übrigen Länder angeht, ist mit weiteren Zinssenkungen der chinesischen Notenbank (PBOC) zu rechnen, wenn auch nur in Maßen. Die Bank of Japan (BOJ) dürfte sich hingegen dem Trend widersetzen und ihren Leitzins im nächsten Jahr anheben, was dem stärkeren Preisauftrieb als in der Vergangenheit zuzuschreiben ist.
Unter den Schwellenländern könnten die Entwicklungen deutlich auseinandergehen, da eher orthodoxe Zentralbanken – unter anderem in Brasilien und Mexiko, die ihre Zinsen frühzeitig (und in vielen Fällen noch vor der US-Notenbank) angehoben haben – in der Lage sein werden, ihre Geldpolitik recht schnell zu lockern. Demgegenüber dürften andere Zentralbanken, etwa in Polen und in der Türkei, stärker eingeschränkt sein.
Anlagekonsequenzen: Rosige Aussichten für Anleihen in diversen Szenarien
In unserem Basisszenario geht die Inflation weiter in Richtung der Zentralbankziele zurück, wobei es länger dauert, bis der Lohndruck nachlässt.
Neben diesem Basisszenario beziehen wir auch die relativen Risiken anderer Szenarien mit ein, wenn wir unsere Anlageschlussfolgerungen formulieren, und geben beim Aufbau von Portfolios darauf Acht, sowohl positive als auch negative Überraschungen abzufedern. Die alternativen Szenarien reichen von einer „harten Landung“ (bei der Wachstum und Inflation rasch sinken) bis zu einer „weiteren Überhitzung“ (bei der das Wachstum stabil bleibt und die Inflation wieder anzieht).
Aus unserer Sicht gibt es drei zentrale Anlagethemen:
1) Gute Aussichten für Festzinsanlagen wegen ihrer Anfangsrenditen und des Wirtschaftsausblicks
Unseres Erachtens haben Wachstum und Inflation ihr höchstes Niveau erreicht. Wir schätzen das Rezessionsrisiko höher ein, als die Märkte es einpreisen, was rosige Aussichten für die Anleihenerträge bedeutet. Nach ihrem jüngsten Anstieg liegen die Anfangsrenditen, die historisch stark mit den Erträgen korrelieren, auf sehr attraktiven Niveaus, da sie sowohl real als auch nominal so hoch sind wie seit mindestens einem Jahrzehnt nicht mehr (siehe Abbildung 4).
Erstklassige Anleihenfonds rentieren heutzutage mit etwa fünf bis acht Prozent, was sie überaus interessant im Vergleich zu den erwarteten Aktienrenditen macht und Abwärtsschutz für den Fall einer Rezession bietet. Anleihen sehen angesichts der hohen Renditen von heute äußerst attraktiv aus, selbst wenn die Inflation nur bis zum oberen Ende unserer Prognosen zurückgeht, und können Anleger deutlich besser vor Unwägbarkeiten schützen.
Außerdem ist davon auszugehen, dass Anleihen und Aktien wieder zu ihrer eher typischen inversen Korrelation zurückkehren – bei der Anleihen gut abschneiden, wenn sich Aktien schwertun, und umgekehrt –, wenn sich die Inflation im nächsten Jahr noch weiter auf die Ziele der Zentralbanken zubewegt.
Die höhere Unsicherheit bezüglich der Inflation und die Besorgnis um die Staatsverschuldung, die sich beispielsweise in der britischen LDI-Krise oder in der Herabstufung des US-Bonitätsratings durch Fitch am 1. August 2023 ausdrückt, sollten dazu beitragen, die Laufzeitprämien (ein Maßstab für die Entlohnung, die Anleger für das Halten längerfristiger im Vergleich zu kürzer laufenden Schuldtiteln erhalten) in diversen Industrieländern wieder auf angemessene Niveaus zu befördern. Die Kennzahl der New Yorker Fed für die zehnjährige Laufzeitprämie von US-Staatsanleihen stieg im vergangenen Monat zum ersten Mal seit über zwei Jahren wieder in den positiven Bereich.
Nach unserer Einschätzung sollte r* sich wieder auf einem ähnlichen Niveau einpendeln wie vor der Pandemie. Das würde die Renditen festverzinslicher Wertpapiere tendenziell verankern und, gepaart mit den höheren Laufzeitprämien, langfristig wieder zu einer Versteilerung der Renditekurven führen.
2) Wir setzen auf das globale Chancenspektrum und diversifizierte Quellen von Anleihenrisiko und -rendite
Die Konsequenzen der Geld- und der Fiskalpolitik sowie die Erschöpfung der Ersparnisschwemme werden je nach Land unterschiedlich schnell zum Tragen kommen. Auch die Energiepreise, der Russland-Ukraine-Krieg und die Abhängigkeit von China werden ungleiche Auswirkungen auf die einzelnen Nationen haben. Daher rechnen wir damit, dass die Renditen hochwertiger festverzinslicher Anlagen aus verschiedenen Ländern stärker voneinander abweichen werden.
Zurzeit sind die globalen Anleihenrenditen sehr aussichtsreich und erscheinen schon heute hoch, wenn man sie mit den Niveaus vergleicht, die wir über den konjunkturellen Horizont und darüber hinaus erwarten. In der Duration werden wir erwartungsgemäß übergewichtet bleiben und jene Positionen aufstocken, deren Renditen noch weiter zulegen.
In den letzten Wochen wurde der Anstieg der globalen Renditen von den Vereinigten Staaten angeführt, und die US-Duration – ein Maß für die Preissensitivität einer Anleihe gegenüber Zinsschwankungen – birgt in sich bereits attraktives Renditepotenzial. Daneben sehen wir sehr gute Chancen in anderen Regionen – unter anderem in Australien, Kanada, Europa und Großbritannien –, was der unterschiedlichen Zinssensitivität zuzuschreiben ist sowie den verschiedenen Arten, auf die eine quantitative Straffung bzw. eine Veräußerung der Anleihenbestände aus den Zentralbankbilanzen erfolgt.
Außerdem könnten die Zinssenkungszyklen einzelner Nationen einem anderen Zeitablauf folgen, da die Zentralbanken je nach Inflationszahlen und Arbeitsmarktdynamik unterschiedliche Schwellenwerte für ihre restriktiven Maßnahmen festlegen.
Die BOJ befindet sich nach Jahrzehnten des schleppenden Wachstums und der verhaltenen Inflation noch immer in der Ausstiegsphase aus ihrem Zinskurven-Management und dürfte ihre Zinsen entsprechend anheben, während andere Zentralbanken ihre Zinsen senken. Aus unserer Sicht haben die japanischen Renditen noch Luft nach oben.
Wir sind überzeugt, dass eine Diversifikation der Durationspositionen und der Renditekurvenpositionierung weitreichende Vorteile mit sich bringt, die Anleger in die Lage versetzen können, höhere risikobereinigte Renditen ins Visier zu nehmen. In der Vergangenheit verhalf die globale Diversifikation den Anlegern stets zu einer höheren Rendite pro Einheit Volatilität. Das ist vor allem im heutigen Umfeld der auseinanderdriftenden Renditeerwartungen und der hohen Bandbreite von Risiken rund um das Basisszenario von Bedeutung.
3) Wir müssen uns für ein breites Spektrum makroökonomischer und marktspezifischer Entwicklungen positionieren
Wir sind uns der Bandbreite der Risiken rund um unser Basisszenario bewusst und überwachen diese, um unsere Portfolios entsprechend zu verwalten. Das bedeutet, flexibel und liquide zu bleiben und gleichzeitig den relativen Wert diverser Anlagegelegenheiten zu erkennen. Unter dem Strich ist das aktuelle Umfeld in unseren Augen noch immer sehr günstig für hochwertige Anleihen.
Im heutigen Umfeld können liquide Mittel interessant sein, da ihre kurzfristigen Renditen historisch hoch sind und sie uns die Flexibilität einräumen, Gelder umzuschichten, wenn sich weitere Chancen auftun. Diese Flexibilität geht jedoch nicht ohne Risiken einher: Barrenditen sind flüchtiger Natur.
Aus unserer Sicht verleihen Anleihen mit längerer Duration einem Portfolio mehr Widerstandskraft, bieten derzeit attraktive Renditen, die sich über einen längeren Zeithorizont sichern lassen, und können ihrem Besitzer Kursgewinne im Fall einer Rezession bescheren. Wir glauben, dass die Risiken einer hohen Inflation und eines rückläufigen Wachstums zusehends symmetrisch verteilt sind, während die Anleihenrenditen und -bewertungen an Attraktivität gewinnen. Was die Risikofaktoren für unsere Basisprognose angeht, könnten inflationsgeschützte Anleihen dazu beitragen, die Widerstandsfähigkeit eines Portfolios im Fall einer höheren Inflation als erwartet zu stärken.
Gegenüber Unternehmensanleihen bleiben wir zurückhaltend, was durch die Rezessionsrisiken bedingt ist, und tendieren auf breiter Front zu höherer Qualität. Ein Fokus auf einzelne Sektoren kann dazu beitragen, allgemeinere wirtschaftliche Unsicherheiten abzumildern.
Schwierigkeiten sehen wir nach wie vor bei variabel verzinslichen Unternehmensanleihen von geringer Qualität, wie etwa Bankdarlehen und gewisse Altbestände an Private-Credit-Positionen, da hier bereits erste Spuren der Belastung durch die höheren Zinssätze sichtbar werden.
Dagegen werden wir in vielen unserer Strategien bestrebt sein, hypothekenbesicherte Wertpapiere (MBS) der US-Agencies zu halten, da diese eine hohe Bonität aufweisen, staatliche Garantien bieten, über üppige Liquidität verfügen und attraktiv bewertet sind. Im Bereich der Kreditpapiere hegen wir zudem eine allgemeine Präferenz für verbriefte Anlagen und strukturierte Produkte.
Ferner lassen die erhöhten Zinssätze, die angespannten Bankbilanzen und der regulatorische Druck attraktive Gelegenheiten bei privaten Verbraucher- und gewerblichen Krediten entstehen. Aktuell halten wir die Rahmenbedingungen für opportunistische private Investitionen in Unternehmensanleihen und Immobilien für günstig.
Außerdem sehen wir Diversifikationsvorteile in ausgewählten Schwellenländern, die durch ihre Fortschritte bei der Inflationsbekämpfung und die aktuellen Realzinsniveaus entstehen. Ähnlich wie in den Industrieländern gehen wir davon aus, dass die Inflation auch hier von Land zu Land unterschiedlich stark nachlassen wird. In gewissen Nationen mit hohen Realzinsen und rückläufiger Inflation haben die Zentralbanken bereits mit der Lockerung ihrer Geldpolitik begonnen, wobei die Teuerung vielerorts schneller nachgelassen hat als in den Industrieländern.
Im Ergebnis hat sich das wirtschaftliche Umfeld in vielen Schwellenländern bereits zum Guten für das Wachstum, die Vermögenspreise und eine Währungsaufwertung gewendet. Dessen ungeachtet könnten die Schwellenländer auch im Jahr 2024 noch vor Wachstumsherausforderungen stehen, wenn die konjunkturelle Entwicklung Chinas verhalten bleibt und die Auswirkungen der restriktiveren globalen Geldpolitik spürbar werden.
Infolge seiner jüngsten Stärke beurteilen wir den US-Dollar inzwischen weitgehend neutral und konzentrieren uns darauf, Carry über den Devisenhandel zu generieren.
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PIMCO ist ein weltweit führender Anbieter von aktiv gemanagten festverzinslichen Wertpapieren mit umfassender Expertise an den öffentlichen und privaten Märkten. Unser Investmentprozess basiert auf den Erkenntnissen aus unseren Secular und Cyclical Forums. Unsere Investmentexperten aus aller Welt kommen viermal im Jahr zusammen, um über die Verfassung der globalen Märkte und der Weltwirtschaft zu diskutieren und jene Trends zu identifizieren, die wesentliche Auswirkungen auf Kapitalmärkte und Investments haben dürften. In diesen weitreichenden Diskussionen wenden wir Erkenntnisse aus der Verhaltensforschung an, um den Ideenaustausch zu maximieren, unsere Annahmen zu hinterfragen, kognitiven Vorurteilen entgegenzuwirken und einvernehmliche Erkenntnisse zu gewinnen.
Beim Secular Forum, das jährlich stattfindet, konzentrieren wir uns auf den Ausblick für die nächsten fünf Jahre, um die Portfolios auf strukturelle Veränderungen und Trends in der Weltwirtschaft auszurichten. Da wir der Auffassung sind, dass eine Vielfalt von Ideen bessere Anlageergebnisse liefert, laden wir namhafte Gastreferenten – Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften, politische Entscheidungsträger, Anleger und Historiker – ein, die wertvolle und vielfältige Perspektiven zu unseren Diskussionen beisteuern. Zudem begrüßen wir die aktive Teilnahme des PIMCO Global Advisory Board, eines Beratergremiums aus renommierten Fachleuten für Wirtschaft und Politik.
Beim Cyclical Forum, das dreimal im Jahr abgehalten wird, gilt unser Augenmerk den Perspektiven für die nächsten sechs bis zwölf Monate. Hier analysieren wir die Entwicklung von Geschäftszyklen in den maßgeblichen Volkswirtschaften der Industrie- und Schwellenländer. Unsere besondere Aufmerksamkeit gilt dabei potenziellen Veränderungen in der Geld- und Fiskalpolitik, den Marktrisikoprämien und den relativen Bewertungen, die Einfluss auf die Portfolio-Positionierung haben.
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Hierin enthaltene Prognosen, Schätzungen und bestimmte Angaben basieren auf eigenen Analysen und stellen weder eine Anlageberatung noch ein Angebot oder eine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf eines Finanzinstruments dar. Prognosen und Schätzungen sind naturgemäß bestimmten Beschränkungen unterworfen und spiegeln – anders als ein tatsächlicher Performance-Nachweis – nicht die tatsächlichen Handels- und Liquiditätsbeschränkungen, Gebühren und/oder sonstigen Kosten wider. Darüber hinaus verstehen sich Verweise auf künftige Ergebnisse nicht als Schätzung oder Versprechen bezüglich der Ergebnisse, die ein Kundenportfolio möglicherweise erzielen kann.
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