Dezember-Fazit zur US-Geldpolitik: Nebligere Aussichten und mehr Zurückhaltung
Im Dezember senkte die US-Notenbank Fed ihren Leitzins um weitere 25 Basispunkte (Bp), wobei sie diese Entscheidung an eine Revision ihrer Konjunkturprognosen koppelte. Dies deutet auf wieder aufkeimende Sorgen um die Inflationsrisiken und das relative Vertrauen in den Arbeitsmarkt hin. Nachdem die Leitzinsen in den letzten drei Monaten um 100 Basispunkte gesenkt wurden, folgte nun also ein Signal, dass der zeitliche Ablauf und das Ausmaß weiterer Zinsschritte künftig ungewisser seien. Genährt wird diese Ungewissheit durch die fiskalpolitischen Aussichten; da die wirtschaftlichen Abwärtsrisiken besser eingedämmt sind, können die Währungshüter es sich allerdings erlauben, die Entwicklungen im Jahresverlauf 2025 abzuwarten und zu beobachten, bevor sie ihre Geldpolitik weiter anpassen.
Die geldpolitischen Prognosen der Notenbanker sind unserer Basiseinschätzung sehr ähnlich: Da die US-Konjunktur in einem Umfeld mit recht hartnäckiger Inflation und erhöhter fiskalpolitischer Unsicherheit allgemein robust ist, dürften künftige Zinsschritte allmählicher und auf Grundlage der aktuellen Datenlage erfolgen.
Gemäß dieser Einschätzung sind die Anleihenmärkte bei der Kursanpassung inzwischen möglicherweise über das Ziel hinausgeschossen: Wie Fed Funds Futures nahelegen, sollte der US-Leitzins das Jahr 2025 bei rund vier Prozent und somit leicht über der korrigierten Prognose der Fed schließen. Zwar gehen wir in unserem Basisszenario von einer anhaltend robusten US-Konjunktur aus, glauben aber auch, dass die Märkte das Rezessionsrisiko unterbewerten – und damit auch das Risiko, dass die Fed zu einer expansiveren Geldpolitik gezwungen sein wird.
Ein sich veränderndes Risikogleichgewicht
Während mit einem Zinsschritt der US-Notenbanker um 25 Basispunkte gerechnet wurde, ging dieser mit einer restriktiven Korrektur der Konjunkturprognosen für 2025 und darüber hinaus einher. Am stärksten wurden die Inflationsaussichten angepasst: mit einer Anhebung der Medianprognose für die persönlichen Konsumausgaben (PCE) im Jahr 2025 um 30 Basispunkte, die mit dem stagnierenden Inflationsfortschritt der letzten Monate übereinstimmt. Hierzu sei erwähnt, dass die Fed-Vertreter nicht nur mit einem langsameren Inflationsrückgang rechnen, sondern auch ihre Einschätzung bezüglich des Risikogleichgewichts rund um diesen Ausblick nach oben korrigiert haben.
Dass die Notenbanker das Gleichgewicht der Inflationsrisiken inzwischen anders einschätzen, spiegelt vermutlich die wachsende Unsicherheit bezüglich des Ausmaßes und der Tragweite der fiskalpolitischen Kurswechsel wider, die die neue Trump-Regierung vornehmen dürfte. In der Tat wies Fed-Chef Jerome Powell in der Pressekonferenz darauf hin, dass „einige [Vertreter] die politische Unsicherheit als einen der Gründe dafür nannten, in ihre Konjunkturprognosen die Unsicherheit bezüglich der Inflation stärker zu berücksichtigen“.
Nebligere Aussichten voraus
Die erhöhte fiskalpolitische Unsicherheit spricht auch für eine ungewissere Geldpolitik der US-Währungshüter. Wir glauben, dass mögliche Umwälzungen der US-Handelspolitik Aufwärtsrisiken für die Inflation und kurzfristige Abwärtsrisiken für das Wachstum bergen, womit sie widersprüchliche Implikationen für das doppelte Mandat (Preisstabilität und Vollbeschäftigung) der Notenbanker haben dürften.
Vor diesem Hintergrund korrigierten die Notenbanker ihre Schätzungen für den Zinspfad der nächsten Jahre nach oben. Des Weiteren ging aus den Vorausschätzungen hervor, dass die Meinungen der Notenbanker ungewöhnlich stark voneinander abweichen: So liegen die einzelnen Schätzungen für den mittleren Leitzins in den Jahren 2026, 2027 und längerfristig um 1,5 Prozentpunkte auseinander.
Angesichts der zunehmenden Unsicherheit ist es verständlich, dass die Vertreter der US-Notenbank einen Gang zurückschalten und das Geschehen zunächst beobachten möchten. Powell zufolge „ist es ähnlich, wie wenn man in einer nebligen Nacht Auto fährt oder sich in einen dunklen Raum voller Möbel begibt. Man verlangsamt einfach das Tempo.“
In unseren Augen reflektiert die Anhebung der Fed-Prognosen die Einschätzung ihrer Vertreter, dass sie nun, da die Zinsen bereits um 100 Basispunkte gesenkt wurden, flexibler vorgehen können. Die aktuelle Zinsspanne von 4,25 bis 4,50 Prozent liegt näher an der Spanne, die gemäß den Taylor-Regeln angemessen wäre, was die Fed in ihrer Fähigkeit stärkt, so langsam oder zügig vorzugehen, wie es die sich entwickelnde Wirtschaftslage erfordert.
Inflationsszenarien, die die Notenbanker von schrittweisen Zinssenkungen abbringen und zu tatsächlichen Zinsanhebungen bewegen könnten, würden wohl massive globale Angebotsschocks beinhalten, die der Inflation immensen Auftrieb verleihen und sich zugleich in den Inflationserwartungen niederschlagen. Doch auch in diesem Fall könnten die negativen Auswirkungen auf das Wachstum und den Arbeitsmarkt ein Gegengewicht bilden. Sollte sich die US-Wirtschaft dagegen schlechter entwickeln als von uns erwartet, während sich der Arbeitsmarkt abschwächt, könnten die Notenbanker raschere Zinsschritte vornehmen, um die Lücke zwischen dem Status quo der Geldpolitik und den Taylor-Regeln zu schließen.
Anlagekonsequenzen
Wir starten mit einer stärker datenabhängigen und zurückhaltenderen Fed in das Jahr 2025. Zugleich betonte Powell, dass Zinserhöhungen derzeit nicht zur Debatte stünden, und wies darauf hin, dass eine robuste Konjunktur durchaus mit langsameren Zinsschritten oder einer Pause vereinbar sei.
Diese Einschätzung wurde an den Märkten bereits eingepreist: Im Anschluss an die Stellungnahme der Fed brachen Aktien deutlich ein, während es bei den Anleiherenditen weiter aufwärts ging. Wenn man die Verteilung der Risiken für den künftigen Kurs der Fed bedenkt und berücksichtigt, dass die Märkte das Risiko eines aggressiveren Zinssenkungszyklus unterbewerten, muten festverzinsliche Wertpapiere mit mittlerer Laufzeit attraktiv an.