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Konjunktur- und Marktkommentare

Die Zukunft der US-Wirtschaft bei höheren Zöllen

Die Zollpolitik könnte eine Stagflation in den USA und einen Abschwung in anderen Ländern anstoßen und die geldpolitischen Entscheidungen der US-Notenbank erschweren.

Am 2. April kündigte die Regierung Trump weitreichende Zölle an, die aggressiver ausfallen, als viele erwartet hatten. Am 9. April wurden die meisten der neuen länderspezifischen „reziproken Zölle“ dann für 90 Tage ausgesetzt. Zugleich wurden die Zollsätze auf US-Einfuhren aus China und umgekehrt im Zuge von Vergeltungsmaßnahmen weiter erhöht.

US-Präsident Donald Trump hat wiederholt auf das Handelsdefizit als Maß für die unfairen Praktiken anderer Länder zum Nachteil der USA verwiesen. Nichtsdestotrotz waren viele Anleger, Unternehmer sowie Staats- und Regierungschefs von der offenkundigen Bereitschaft der US-Regierung überrascht, die daraus resultierenden kurzfristigen wirtschaftlichen Störungen und Marktschwankungen in Kauf zu nehmen, um langfristige Veränderungen der globalen Handelsdynamik herbeizuführen. Obwohl die 90-tägige Zollpause gewissen Raum für eine Deeskalation und Verhandlungen schafft, bleibt die allgemeine Richtung klar: ein letztlich höheres Zollniveau.

Wird die Zollpolitik wie ursprünglich angekündigt umgesetzt, ist kurzfristig mit einer Stagflation in den USA und einem globalen Abschwung zu rechnen. Zugleich könnte die US-Notenbank Schwierigkeiten haben, große Zinsschritte zu unternehmen, da die Inlandspreise unangenehm stark anziehen dürften. Was die übrige Welt betrifft, werden diese Maßnahmen vermutlich einen deflationären Effekt haben, weswegen sich die Zentralbanken außerhalb der USA weniger schwertun dürften, ihre Zinsen zu senken.

Bisherige Zollankündigungen

Am 2. April verkündete der US-Präsident ein umfassendes Paket „reziproker Zölle“ mit dem Ziel, wahrgenommene Handelsungleichgewichte und unfaire Praktiken der US-Handelspartner aus dem Weg zu räumen. Dieses Paket beinhaltet zwei Hauptkomponenten: 1.) einen universellen Basiszoll von zehn Prozent auf alle Importe in die USA sowie 2.) zusätzliche länderspezifische Zölle auf Importe aus 57 Nationen, gegenüber denen ein erhebliches Handelsdefizit besteht.

Am 9. April kündigte Trump dann eine 90-tägige Pause bei den länderspezifischen Zöllen für jene Nationen an, die keine Vergeltungszölle erlassen hatten – also die meisten von ihnen. China, das am Wochenende mit einem eigenen Zollpaket reagiert hatte (34 Prozent auf alle aus den USA importierten Waren), stellt hier die Ausnahme dar: Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels belegen die USA chinesische Importe mit Strafzöllen in Höhe von 125 Prozent.

Für Mexiko und Kanada bleiben die Anfang März angekündigten Zollabgaben von 25 Prozent auf etwa 50 bis 60 Prozent der aus diesen Ländern importierten Waren in Kraft und werden vermutlich im Mittelpunkt künftiger Verhandlungen über das neue Freihandelsabkommen USMCA zwischen den USA, Mexiko und Kanada stehen. Für viele spezifische Güter wie Stahl, Aluminium, Pkw, Holz, Arzneimittel und Halbleiter sind nach Angaben der US-Regierung entweder bereits Zölle in Kraft oder werden es in naher Zukunft sein.

Insgesamt gehen wir davon aus, dass die seit Anfang Februar angendigten Zölle sowie die zusätzlichen Sonderzölle für bestimmte Produkte, deren Ankündigung wir in Kürze erwarten, im Fall ihrer vollständigen Umsetzung den effektiven Durchschnittszollsatz auf US-Importe auf ein Niveau anheben würden, das über dem in den 1930er-Jahre liegt. Selbst wenn einige der Zölle zurückgenommen werden, bleibt es sehr wahrscheinlich, dass die Zollabgaben unter dem Strich auf deutlich höherem Niveau verharren, als es über viele Jahrzehnte der Fall gewesen ist.

Kurz- und längerfristiger Zollausblick

Wir glauben, dass der Umfang, das Ausmaß und die Dauerhaftigkeit der US-Zölle von drei übergeordneten Zielen der Trump-Regierung abhängen:

  • einer Verringerung des US-Handelsdefizits und einer Wiederherstellung des Gleichgewichts im Welthandel,
  • einer Reduzierung des US-Haushaltsdefizits und
  • einer Umkehr des jahrzehntelang rückläufigen Anteils der Beschäftigung am Einkommen.

Abgesehen davon, dass die Zölle die Einnahmen des US-Finanzministeriums potenziell erhöhen, sieht die Regierung in ihnen vermutlich eine Strategie, dem heutigen globalen Handelssystem genug Schaden zuzufügen, um strukturelle Veränderungen in anderen Volkswirtschaften zu erzwingen, die darauf abzielen, Subventionen – ob implizite oder explizite – für ihre heimische Produktion zu kürzen oder abzuschaffen und die US-Exporte anzukurbeln. China bleibt ein Schwerpunkt der US-Handelspolitik, und die US-Regierung dürfte in jedweden Verhandlungen bestrebt sein, Zusicherungen zu bekommen, dass chinesische Hersteller die direkten US-Strafzölle nicht länger über Investitionen in „Verbindungsländer“ (um einen IWF-Begriff zu verwenden) umgehen können.

In diesem Punkt könnte das Vorgehen der USA gegenüber Kanada und Mexiko aufschlussreich sein: Einfuhren, die nicht den strengen Ursprungsregeln des USMCA entsprechen – wie etwa solche aus Fabriken in chinesischem Besitz, die nach Trumps erster Amtszeit errichtet wurden –, müssen mit Zöllen von 25 Prozent rechnen.

Die US-Regierung hat ihre Bereitschaft zu Verhandlungen bezüglich ihrer Handels- und Zollpolitik signalisiert. In der Tat folgte die 90-tägige Gnadenfrist auf eine Woche, in der sich viele Länder an die USA wandten, um „eine Lösung auszuhandeln“, wie Präsident Trump schrieb. Zollabkommen mit Volkswirtschaften, gegenüber denen die USA einen Handelsüberschuss ausweisen, darunter Großbritannien und Australien, dürften schneller erreicht werden, ebenso wie Deals mit Japan und Argentinien. Im Fall von Ländern, gegenüber denen die USA seit Jahren Handelsdefizite einfahren wie China und verschiedene Nationen aus Europa (Deutschland, Irland, Italien, Schweiz, Frankreich, Österreich und andere) und Asien (Vietnam, Taiwan, Südkorea, Thailand, Indonesien und andere), könnten sich die Verhandlungen dagegen schwieriger gestalten: Diese müssen unter Umständen strukturpolitische und wirtschaftliche Veränderungen umsetzen, um die fortlaufenden Handelsdefizite der USA zu reduzieren. Verhandlungen und Abkommen sind möglich, könnten sich für diese Länder jedoch als weitaus schwieriger erweisen.

Alles in allem erwarten wir, dass die höheren Strafzölle gegenüber China, ein Basiszoll von zehn Prozent (mit den oben genannten Ausnahmen) und Sonderzölle für diverse Produkte bestehen bleiben. Was die länderspezifischen reziproken Zölle betrifft, könnten einige von ihnen, selbst wenn sie nach der 90-tägigen Pause in Kraft treten, noch immer nach unten angepasst werden.

Mit welchen wirtschaftlichen Auswirkungen ist zu rechnen?

Unter der Annahme, dass all diese Zölle wie ursprünglich angekündigt umgesetzt werden, würden wir zumindest kurzfristig mit einer Rezession und einer höheren Inflation in den USA rechnen. Selbst wenn die 90-tägige Gnadenfrist verlängert wird, stünden die Chancen für eine US-Rezession aus unserer Sicht noch immer bei 50:50. Höhere Zollabgaben auf US-Importe erhöhen die Kosten für inländische Verbraucher und Unternehmen und verringern die real verfügbaren Einkommen und die Gewinnmargen. Die US-Exportwirtschaft wird durch Vergeltungsmaßnahmen zusätzlich belastet. Da die Zollabgaben sowohl für Produktions- als auch für Konsumgüter gelten, dürften sie Investitionen (und den Konsum) tendenziell verteuern. In diesem Sinne ähneln diese Zölle einer hohen und ineffizient umgesetzten Verbrauchssteuer, deren einziger kurzfristiger Gewinner das US-Staatsdefizit ist.

Zusätzlich dürfte das Wachstum durch die erhöhte Unsicherheit gebremst werden, da es den Unternehmen kaum Kosten verursachen wird, Einstellungs- und Investitionsentscheidungen auf die lange Bank zu schieben. Dienstleistungen dürften hiervon nicht unbeeindruckt bleiben: Obwohl die Güterindustrie nach Angaben des Bureau of Economic Analysis nur etwa zehn Prozent zum realen BIP-Wachstum in den USA beiträgt, wird ein plötzlicher Handelsstopp jene Dienstleistungsbranchen belasten, die rund um den Handel aufgebaut sind: Einzel- und Großhandel, Logistik und Lagerhaltung, Handelsfinanzierung etc.

Als Faustregel schätzen wir, dass jede Erhöhung des durchschnittlichen effektiven Zollsatzes um einen Prozentpunkt das Wachstum um etwa 0,1 Prozentpunkte schmälern und die Inflation in ähnlichem Maß erhöhen wird. In dieser Berechnung sind mögliche Ausgleichsmaßnahmen der US-Regierung wie etwa eine Rückführung der zusätzlichen Zolleinnahmen in die Wirtschaft über niedrigere Einkommensteuersätze, höhere Subventionen oder Pauschalzahlungen nicht berücksichtigt.

Gemäß dieser Faustregel ist es wahrscheinlich, dass die geschätzte Erhöhung des effektiven US-Zollsatzes um 30 Prozentpunkte – sofern sie umgesetzt und beibehalten wird – die USA in eine Rezession stürzen und die kurzfristige Inflation massiv anheizen wird. Im Vergleich zu unserer bisherigen Grundannahme eines Wachstums von 2,0 Prozent und einer Inflation von 2,5 Prozent rechnen wir nunmehr damit, dass das US-Wachstum in der zweiten Jahreshälfte zurückgehen wird. Zugleich könnte sich die Verbraucherpreisinflation auf 4,5 Prozent erhöhen, wobei die Gesamtinflation um rund einen Prozentpunkt niedriger ausfallen könnte, wenn der Rückgang der globalen Energiepreise um 20 Prozent (wie zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels) anhält. Während die Schätzungen deutlich voneinander abweichen, liegt es auf der Hand, dass die US-Wirtschaft seit den 1920er- und 1930er-Jahren keinen derartigen Schock mehr erlebt hat.

Eine Kernfrage bei der Prognose der volkswirtschaftlichen Zolleffekte ist, welche Partei über mehr Flexibilität verfügt. Was den US-Handel mit China betrifft, brachte die Regierung Trump etwa das Argument vor, dass China weniger flexibel sei und folglich einen größeren Anteil der Zollgebühren tragen werde, womit die Zollabgaben unter dem Strich den Vereinigten Staaten zugutekämen. Des Weiteren tat die Regierung ihre Ansicht kund, dass es für die Volksrepublik wenige andere Absatzmärkte gäbe, an die sie in großem Umfang Waren verkaufen könne, während die USA über reichlich Flexibilität verfügten, Waren von inländischen Herstellern und anderen Märkten zu beziehen.

Aus unserer Sicht könnte dies langfristig zutreffen, sofern beträchtliche Investitionen in die US-Produktion getätigt werden. Auf kurze Sicht ist, wie wir behaupten würden, jedoch das Gegenteil der Fall. Bei vielen Produkten haben chinesische Produzenten eine monopolähnliche Stellung, weil sie implizite Subventionen infolge der Regierungspolitik und der geringeren Lohnkosten nutzen konnten, um die Konkurrenz aus den USA weitgehend abzuhängen. Man denke nur an den jahrzehntelangen Rückgang des BIP-Anteils der US-Produzenten, die im Wettbewerb mit chinesischen Importeuren stehen. Im Ergebnis sind die US-Verbraucher zurzeit weniger in der Lage, auf inländische Angebote umzusteigen.

Implikationen für die US-Notenbank

All dies bringt die Fed in eine schwierige Lage. Anders als in den Jahren 2018 und 2019, als die US-Notenbanker den Leitzins in Reaktion auf die handelspolitisch bedingte Verunsicherung präventiv gesenkt haben, vermuten wir, dass sie dieses Mal langsamer auf die Konjunkturschwäche reagieren werden. Das Ausmaß und der Umfang der (verfügten und vorgeschlagenen) Zölle lassen einen viel stärkeren Effekt auf die Preise erwarten, der die Inflation nach unserer Einschätzung merklich über das Zwei-Prozent-Ziel der Fed befördern könnte (gemessen an der Gesamtinflation der privaten Konsumausgaben, PCE). Diese Aussichten könnten die US-Währungshüter in ihrer Fähigkeit einschränken, an der Zinsschraube zu drehen – es sei denn, es käme zu einem massiven Anstieg der Arbeitslosenquote. Da es sich hierbei um einen politisch herbeigeführten Abschwung handelt, muss sich die Fed außerdem mit der Möglichkeit auseinandersetzen, dass die politischen Maßnahmen jederzeit rückgängig gemacht werden können – wie am 9. April.

Die Zinshüter werden die Rezessions- und Inflationsrisiken in Echtzeit bewerten und dabei die Auswirkungen auf die Finanzmärkte sowie die Erwartungen der Verbraucher und Unternehmer berücksichtigen müssen. Die Finanzlage in den USA hat sich zuletzt drastisch verschärft. Zugleich sind die Inflationserwartungen laut den Umfragen gestiegen.

In unserem Basisszenario gehen wir davon aus, dass die US-Notenbank in der zweiten Hälfte dieses Jahres mit einer Leitzinssenkung reagieren wird, da die US-Arbeitslosigkeit steigen dürfte. Im Vorfeld könnte sie womöglich auf unkonventionelle Instrumente zurückgreifen, um den Markt für US-Staatsanleihen zu stabilisieren – ähnlich dem Anleihenkaufprogramm der Bank of England in Reaktion auf den ungeordneten Anstieg der britischen Staatsanleihenrenditen im Jahr 2022. 

Da jegliche Zinssenkung der Fed in diesem Jahr den traditionellen Taylor-Regeln widersprechen würde, die bei Inflationsdruck Erhöhungen vorschreiben könnten, würde die Fed in ihren Mitteilungen wahrscheinlich den vorübergehenden Charakter der über dem Zielwert liegenden Inflation betonen und gleichzeitig darauf hinweisen, dass Nachfrageeffekte und steigende Arbeitslosigkeit tendenziell länger anhalten.

Ist angesichts der Zolleinnahmen mit umfangreicheren Steuersenkungen zu rechnen?

Möglicherweise. Am Wochenende verabschiedete der Senat einen Haushaltsentwurf, der den Tax Cuts and Jobs Act dauerhaft festschreibt und zusätzliche Steuersenkungen in Höhe von 1,5 Billionen US-Dollar über zehn Jahre vorsieht. Im Gegensatz zu einem ähnlichen Gesetzentwurf, der Anfang des Jahres vom Repräsentantenhaus verabschiedet wurde und Kürzungen der Staatsausgaben in Höhe von 1,5 Billionen US-Dollar beinhaltete, sieht die Version des Senats keine drastischen Kürzungen bei Medicaid und anderen Programmen vor. Die zusätzlichen Steuersenkungen könnten womöglich vorab geltend gemacht werden; die durchschnittlichen jährlichen Kosten in Höhe von rund 15  Milliarden US-Dollar aus dem Haushaltsentwurf des Senats würden aber nur einen Teil der geschätzten zusätzlichen Zolleinnahmen von 500 bis 600 Milliarden US-Dollar pro Jahr ausgleichen. Mit anderen Worten: Sollte die vom Senat gebilligte Version des Gesetzesentwurfs in Kraft treten, könnten die umfangreicheren Steuersenkungen einen Teil der zollbedingten „Steuererhöhung“ ausgleichen, vermutlich aber nicht den gesamten Betrag. Entsprechend liefe der Nettoeffekt von Einkommensteuersenkungen, Subventionen und Zolleinnahmen auf eine sehr ineffiziente Konsum- bzw. Mehrwertsteuer hinaus.

Unter dem Strich glauben wir, dass der finanzpolitische Impuls in den USA kurzfristig wohl negativ ausfallen wird, die längerfristigen Defizite sind jedoch noch immer besorgniserregend. Da Zölle jederzeit einseitig von einem Präsidenten gesenkt werden können, werden wir im Zeitablauf aber eher mit höheren Defiziten rechnen müssen.

Schlussfolgerungen für Anlagen

Wie wir in unserem neuesten Konjunkturausblick erörtern, können festverzinsliche Wertpapiere inmitten der Marktschwankungen als Quelle der Stabilität dienen. Die erhöhte Unsicherheit dürfte die überragende Wertentwicklung von US-Aktien in den vergangenen Jahren auf den Prüfstand stellen. Trotz der jüngsten Volatilität und der Neubewertung an den Märkten für US-Staatsanleihen und andere festverzinsliche Wertpapiere spricht nach wie vor vieles dafür, von hoch bewerteten US-Aktien auf eine breitere Mischung aus globalen Anleihen hoher Bonität umzuschichten, die attraktive Anfangsrenditen und ein günstigeres Risiko-Rendite-Profil bieten.

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