Unter der Lupe: wie die Fed Zölle und Inflation im Auge behält
Dieser Beitrag erschien ursprünglich am 12. Februar 2025 in der Financial Times.
Wie die US-Notenbank zu Zöllen und Geldpolitik steht – und stehen sollte –, ist ein Thema, das heutzutage viele Beobachter beschäftigt, von Marktteilnehmern bis zu politischen Experten.
Ich war von 2018 bis 2019 stellvertretender Vorsitzender der Fed, als Zölle, Handelskriege und handelspolitische Unsicherheit bereits während der ersten Amtszeit von Donald Trump für Schlagzeilen gesorgt haben. Wie die damaligen Sitzungsprotokolle des US-Offenmarktausschusses, in dem die US-Geldpolitik beschlossen wird, belegen, wurden solche Faktoren von den Mitgliedern untersucht und in Briefings auf den damaligen Notenbanksitzungen vorgestellt.
Fed-Chef Jerome Powell hat kürzlich in öffentlichen Stellungnahmen angedeutet, dass die in den Jahren 2018 und 2019 von den Zentralbankern durchgeführte Analyse hinsichtlich Zöllen und handelspolitischer Unsicherheit auch für 2025 ein guter Ausgangspunkt sei.
Zu jener Zeit lag die Inflation auf oder unter der Zielvorgabe von zwei Prozent, und die Erwartungen waren nach einem Jahrzehnt mit darunter liegenden Preissteigerungsraten bestens verankert. Entsprechend kamen die Fed-Beamten zu dem Schluss, dass die Zentralbank gewillt sein sollte, über eine einmalige Erhöhung des Preisniveaus „hinwegzusehen“, wenn die Importpreise durch Zölle in die Höhe getrieben würden.
Wie Powell in letzter Zeit jedoch ebenfalls betonte – und das in meinen Augen zu Recht –, sind die Ausgangsbedingungen für die Inflation und die Inflationserwartungen im Jahr 2025 anders als zu jener Zeit.
Im Jahr 2021 schoss die Inflation zweifelsohne deutlich über die Marke von zwei Prozent hinaus und ist mit rund 2,5 Prozent im vergangenen Jahr auch heute noch leicht erhöht. Noch wichtiger könnte aber sein, dass die heutigen Kennzahlen für die Inflationserwartungen zwar noch immer gut verankert scheinen, die Fed-Vertreter dies infolge des Überschießens der Jahre 2021 bis 2024 nach eigenen Aussagen aber keineswegs mehr als selbstverständlich ansehen.
Des Weiteren macht die Betrachtung der Jahre 2018 und 2019 deutlich, dass auch die handelspolitische Unsicherheit – und nicht nur die eigentliche Handelspolitik – damals makroökonomische Folgen hatte und ein Hemmnis für das Wachstum darstellte.
So ging der ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe im Jahr 2019 von 55 auf 48 Zähler zurück, während der Kernpreisindex für persönliche Konsumausgaben (PCE) – das bevorzugte Inflationsmaß der Notenbanker – von zwei Prozent auf 1,5 Prozent und damit unter das Ziel von zwei Prozent sackte.
Dieser konjunkturellen Abkühlung und der nachlassenden Inflation begegneten die Zinshüter mit einer expansiven Geldpolitik und senkten den Leitzins zwischen Juli und November desselben Jahres um 0,75 Prozentpunkte.
In Anbetracht der heutigen Unsicherheit rund um die künftige Handelspolitik und der Tatsache, dass die Inflation die Zielmarke noch immer leicht überschreitet, teilten die Notenbankbeamten mit, dass sie „keine Eile“ hätten, die Zinsen zu senken, bis sie handfeste Beweise für einen erneuten Rückgang der Inflation sähen, und zuversichtlich seien, dass sich diese Richtung Zwei-Prozent-Marke befände. Das ergibt durchaus Sinn.
Nichtsdestotrotz glaube ich, dass die Märkte die Wahrscheinlichkeit eines Szenarios, in dem die Inflation im laufenden Jahr nicht auf der Stelle tritt, sondern beginnt, sich überzeugend in Richtung zwei Prozent zu bewegen, unterschätzen.
Das läge vermutlich daran, dass eine geringere tatsächliche Erhöhung der Zölle einen stärker begrenzten Effekt hätte, als viele derzeit erwarten. Dies könnte mit einer Wachstumsschwäche aufgrund der erhöhten Unsicherheit zusammenfallen – nicht nur in Bezug auf die nähere Ausgestaltung der Handelspolitik, sondern auch auf die ehrgeizige Steuer-, Ausgaben- und Deregulierungsagenda der Regierung Trump.
In einem solchen Fall würden die Finanzmärkte wohl beginnen, in Übereinstimmung mit dem bisherigen geldpolitischen Ansatz der Fed weitere Zinssenkungen einzupreisen. Ob die Zentralbanker diese Senkungen in dem von mir beschriebenen Szenario tatsächlich vornähmen, hinge meines Erachtens davon ab, ob sie die Inflationserwartungen auch in Zukunft für ausreichend verankert halten.
Natürlich muss die erhöhte politische Unsicherheit letztlich kein großes Hemmnis für die Wachstumsaussichten oder die Finanzbedingungen darstellen. Man denke nur an die Kehrtwende der Aktienkurse vom 3. Februar, als die Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Importe aus Kanada und Mexiko für 30 Tage ausgesetzt wurden.
Einerseits könnte diese Unsicherheit Entscheidungen bezüglich Neueinstellungen und Investitionen verzögern; auf der anderen Seite deuten die jüngsten Konjunkturdaten darauf hin, dass ein Teil der Konsumausgaben, der Handelstätigkeit und des Lageraufbaus in der Erwartung von Strafzöllen womöglich vorgezogen wurde.
Festzuhalten ist, dass im Ausland hergestellte Erzeugnisse nur einen Teil eines Produkts ausmachen und erheblicher Mehrwert durch den Vertrieb, das Marketing, die Logistik und das geistige Eigentum im Inland geschaffen wird.
Die Kombination von Deregulierung und handels- und einwanderungspolitischen Maßnahmen – die sich sowohl auf das Angebot als auch auf die Nachfrage auswirken –, könnte das Umfeld für die Geldpolitik aber noch komplizierter gestalten.
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