Zinssenkungen und Anlageüberlegungen
Ebenso wie der September den Übergang vom Sommer zum Herbst markiert, war er auch für die Geldpolitik und die Finanzmärkte schon oft ein Monat des Wandels.
Im September 1998 leitete die US-Notenbank mit Blick auf die Finanzkrisen in Asien und Russland einen Zinssenkungszyklus ein und veranlasste die Rettung des Hedgefonds LTCM. Im September 2007 nahmen die US-Währungshüter erste Zinssenkungen in Angriff, als sich die globale Finanzkrise ankündigte. Im Jahr darauf, am 15. September 2008, fand die Krise einen Höhepunkt in der Pleite von Lehman Brothers, deren Nachwirkungen die Verfasser dieser Kolumne in Midtown Manhattan bzw. in Londons Canary Wharf hautnah miterlebten.
Viele Anleger erinnern sich ganz genau, an welchem Ort sie sich in so bedeutenden Momenten befunden haben. Die geldpolitische Sitzung der Federal Reserve am 18. September dieses Jahres könnte nicht minder folgenschwer sein. Bei diesem Zusammentreffen sollten die US-Notenbanker ihre geldpolitischen Zügel infolge der massivsten Zinserhöhungen seit Jahrzehnten wieder lockern, um den postpandemischen Inflationsschub einzudämmen. Diesmal dürfte die Lockerung jedoch keine sich anbahnende Krise bekämpfen, sondern eine Rückkehr zur Normalität signalisieren, während sich die Inflation zu stabilisieren scheint.
Da kein US-Lockerungszyklus dem anderen gleicht, werden wir die aktuelle Situation in Augenschein nehmen, einige Muster vergangener Zyklen analysieren und deren Bedeutung für die Anleger erörtern.
Zeit für Zinssenkungen
Seit über einem Jahr hält die Fed ihren Leitzins konstant in der Spanne zwischen 5,25 und 5,5 Prozent – dem höchsten Niveau seit 2001, nachdem die Zinsen noch Anfang 2022 nahe der Nullmarke lagen. Trotz dieser restriktiven Zinsen blieb die US-Wirtschaft robust, und die Aktienmärkte markierten neue Höchststände. Zugleich ging die Gesamtinflation in den USA, die 2022 ein Hoch von rund neun Prozent erreicht hatte, auf ein Niveau von „2,x Prozent“ zurück, womit sich die anvisierte Zwei-Prozent-Marke in Reichweite befindet.
Da die Inflation auf dem besten Weg ist, nachhaltig zu ihrem Zielwert zurückzukehren, verlagern die Notenbanker ihren Fokus nunmehr auf die Beschäftigung – das andere Ziel ihres doppelten Mandats – und damit auf die Notwendigkeit, vorsorgliche Zinssenkungen vorzunehmen, um der Abkühlung des US-Arbeitsmarkts entgegenzuwirken. Denn während die Inflationsrisiken zurückgegangen sind, nehmen die Risiken am Arbeitsmarkt zu, wie die jüngsten Beschäftigungsdaten zeigen.
Wenn sich diese Risiken im Gleichgewicht befinden, sollten die Leitzinsen auf einem neutralen und nicht auf einem restriktiven Niveau rangieren. Gemäß den jüngsten Fed-Prognosen vom Juni liegt der neutrale Zinssatz jedoch mehr als zwei Prozentpunkte unter dem aktuellen Leitzins. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es aus unserer Sicht also keinen Grund, eine Normalisierung der Zinsen noch länger aufzuschieben.
In unserem Basisszenario gehen wir unverändert davon aus, dass die US-Notenbank im laufenden Jahr drei Zinssenkungen um insgesamt 75 Basispunkte vornehmen wird. Auf ähnliche Weise, wie die Fed ihren Straffungszyklus einst einläutete, dürfte sie unserer Einschätzung nach auch mit der Lockerung gemächlich beginnen und sich die Option offenhalten, das Tempo ihrer Zinsschritte in Abhängigkeit von aktuellen Wirtschaftsdaten zu steigern.
Zinssenkungen und Asset-Performance
Historisch betrachtet entwickelten sich die Märkte unterschiedlich, je nachdem, ob Zinsschritte in Zeiten erheblicher konjunktureller Abkühlung (Szenario einer harten Landung) oder unter gemäßigteren Bedingungen (weiche Landung) vorgenommen wurden. Hierzu einige Beispiele:
Mittel- und längerfristige Anleihen konnten sich gut behaupten, insbesondere bei harten Landungen. Wenn die Fed ihren kurzfristigen Leitzins senkt, gehen die Geldmarktzinsen üblicherweise zurück. Anleihen mittlerer und längerer Laufzeit können an Wert gewinnen und schnitten in vergangenen Zinssenkungszyklen tendenziell positiv ab (siehe Abbildung 1), insbesondere in Zeiten konjunktureller Abkühlung.
Curve-Steepener entwickelten sich positiv, insbesondere bei harten Landungen. Positionen mit Ausrichtung auf eine Normalisierung der US-Renditekurve, bei der es infolge der längsten andauernden Inversion seit Beginn der Aufzeichnungen zuletzt wieder zu einer Versteilerung kam, könnten zu den größten Gewinnern zählen, wenn die US-Notenbank ihre kurzfristigen Zinsen entschieden senkt, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln (siehe Abbildung 2).
Beim US-Dollar ging es tendenziell bergab, zumindest vorübergehend. In früheren Lockerungszyklen, bei denen es sowohl zu harten als auch zu sanften Landungen kam, tendierte der US-Dollar unter dem Strich dazu, zunächst abzuwerten, sich in den Monaten nach der ersten Zinssenkung aber wieder zu erholen (siehe Abbildung 3). Wir halten es für denkbar, dass der Greenback seinen Status als renditestarke Währung verliert, wenn sich die Geldpolitik normalisiert, was eine moderate Abwertung zur Folge haben könnte.
Vorbereitung auf die Landung
Einer harten Landung gehen für gewöhnlich ein Anstieg der Arbeitslosigkeit, ein weitreichender Abwärtstrend im Fertigungs- und Dienstleistungssektor, negative Aktienrenditen und eine angespannte oder sich verschärfende Finanzlage voraus. Im Gegensatz dazu kommt es im Vorfeld einer sanften Landung oftmals nur zu geringen Veränderungen der Arbeitslosenzahlen, während Aktien bei lockeren oder sich lockernden Finanzbedingungen positive Renditen abwerfen.
Das aktuelle konjunkturelle Umfeld deutet auf eine sanfte Landung hin: Die Aktienrenditen sind positiv, die Finanzlage scheint sich zu entspannen. Die Arbeitslosenzahlen sind im Vergleich zu vorangegangenen Zinssenkungszyklen noch immer gering und gingen zuletzt sogar leicht zurück.
Die Märkte preisen derzeit einen endgültigen US-Leitzins von etwa 3,0 bis 3,25 Prozent ein. Dies spricht für eine sanfte Landung und macht eine härtere Landung äußerst unwahrscheinlich. Darüber hinaus werden wir mehr über die Erwartungen der Fed hinsichtlich des US-Wachstums erfahren, wenn sie auf ihrer September-Sitzung neue Wirtschaftsprognosen veröffentlicht.
Anleihen können zu den Nutznießern einer sanften Landung zählen und bieten zugleich eine kostengünstige Absicherung gegen Szenarien einer harten Landung. Ihre traditionellen Absicherungs- und Diversifikationseigenschaften stellten sie zuletzt Anfang August und abermals Anfang September unter Beweis, als es bei festverzinslichen Wertpapieren in volatilen Phasen für die Aktienmärkte aufwärtsging.
Auf den September 2024 werden Anleger möglicherweise als einen günstigen Zeitpunkt zurückblicken, um das festverzinsliche Engagement in ihren Portfolios aufzustocken – sowohl wegen der Diversifizierungsvorteile als auch wegen des Renditepotenzials. Auch wenn die Renditen ihre Höchststände hinter sich gelassen haben, glauben wir, dass sie noch immer attraktiv sind – sowohl nominal als auch inflationsbereinigt – und die Anleihenkurse nach wie vor Luft nach oben haben, wenn die Fed ihre Zinswende einläutet.
Rechtliche Hinweise
Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist keine Garantie und kein zuverlässiger Indikator für künftige Ergebnisse.
Alle Investments enthalten Risiken und können an Wert verlieren. Anlagen am Anleihenmarkt unterliegen Risiken wie zum Beispiel Markt-, Zins-, Emittenten-, Kredit-, Inflations- und Liquiditätsrisiken. Der Wert der meisten Anleihen und Anleihenstrategien wird durch Zinsänderungen beeinflusst. Anleihen und Anleihenstrategien mit längerer Duration sind häufig sensitiver und volatiler als Papiere mit kürzerer Duration. Die Anleihenpreise sinken in der Regel, wenn die Zinsen steigen. Ein Umfeld niedriger Zinsen erhöht dieses Risiko. Eine Verschlechterung der Bonität des Anleihenkontrahenten kann zu einer niedrigeren Marktliquidität und einer höheren Kursvolatilität beitragen. Der Wert von Anleihen kann bei der Rücknahme über oder unter dem ursprünglichen Kaufpreis liegen. Aktien können sowohl wegen der tatsächlichen als auch der empfundenen allgemeinen Markt-, Konjunktur- und Branchenbedingungen an Wert verlieren. Managementrisiko bezeichnet das Risiko, dass von PIMCO verwendete Anlagetechniken und Risikoanalysen nicht die gewünschten Ergebnisse erbringen und sich bestimmte Richtlinien oder Entwicklungen auf die Anlagetechniken auswirken, die PIMCO im Zusammenhang mit dem Management der Strategie zur Verfügung stehen. Diversifizierung schützt nicht vor Verlusten. Anleger sollten vor einer Anlageentscheidung ihren Anlageberater konsultieren.
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