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Konjunktur- und Marktkommentare

Die wirtschaftliche Zukunft Europas: Eine stabile Basis in einer volatilen Welt

Angesichts globaler Unsicherheiten sieht sich Europa mit einem langsameren Wachstum konfrontiert, wird aber von einer höheren Stabilität profitieren.

Die Aussichten für Konjunktur und Wirtschaft in Europa sind angesichts der strukturellen Herausforderungen zwar düster. Institutionelle Fortschritte, eine bessere politische Koordinierung und ein stärkerer politischer Zusammenhalt schaffen jedoch ein solides Umfeld für Anleger. Mit stabilen Zinssätzen und einem robusten Kreditmarkt bietet die Region attraktive Chancen für diejenigen, die in einem unsicheren globalen Umfeld Diversifizierung und verlässliche Erträge suchen.

In unserem kürzlich veröffentlichten langfristigen Ausblick argumentieren wir, dass eine fragmentierte Weltwirtschaft in Verbindung mit einer hohen Staatsverschuldung ein Umfeld hoher makroökonomischer Volatilität schaffen wird – was mit entsprechenden Risiken einhergeht.

Europa ist da keine Ausnahme. Innen- und außenpolitische Herausforderungen bedeuten, dass die makroökonomischen Aussichten in Europa gedämpft bleiben werden: Das Wachstumspotenzial dürfte sich von etwa 1,0 Prozent vor der Pandemie auf rund 0,5 Prozent in den kommenden fünf Jahren abschwächen. Diese Verlangsamung ist laut unserer Analyse auf eine ungünstigere demografische Entwicklung und ein langsameres Produktivitätswachstum zurückzuführen. Die schwachen Aussichten bei der Produktivität spiegeln anhaltende Herausforderungen wider wie etwa Rückständigkeit im globalen Technologiewettlauf, den intensiven Wettbewerb mit China und die im Vergleich zu Zeiten vor dem Ukraine-Krieg gestiegenen Energiepreise – all das wird durch ein ungünstigeres Umfeld beim Welthandel noch verstärkt (siehe auch unsere aktuelle Einschätzung zu den Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA).

Die Wende in der deutschen Finanzpolitik hin zu höheren Verteidigungs- und Infrastrukturausgaben ist signifikant. Wir gehen jedoch nicht davon aus, dass sich dieser Trend auf ganz Europa ausdehnen wird. In anderen großen Ländern wie Frankreich, Italien und Spanien ist das unwahrscheinlich, denn sie können ihre ungedeckten Ausgaben wohl nicht beliebig erhöhen, ohne bei der Tragfähigkeit der Schulden den Pfad der Nachhaltigkeit zu verlassen und Obergrenzen zu überschreiten. Die zusätzlichen Verteidigungsausgaben jenseits von Deutschland dürften zu einem großen Teil durch Ausgabenkürzungen in anderen Bereichen ausgeglichen werden. Unterm Strich rechnen wir in den kommenden fünf Jahren im gesamten Euroraum mit einem weitgehend neutralen fiskalischen Kurs.

Auf der nominalen Seite dürfte die Inflation angesichts des Deglobalisierungsdrucks und der etwas höheren Inflationserwartungen nicht wieder auf das Niveau von einem Prozent zurückkehren, das in den Jahren vor der Pandemie zu beobachten war. Dennoch gehen wir davon aus, dass sich die Inflation unter dem Ziel der Europäischen Zentralbank von zwei Prozent einpendeln wird. Die schwachen Wachstums- und Inflationsaussichten werden auch die Gleichgewicht-Leitzinsen weiter auf niedrigem Niveau verankern. Sie dürften über die Zeit unter das derzeitige nominale Niveau von zwei Prozent fallen, wie unsere Modelle nahelegen.

Resilienz im europäischen Raum

So düster das alles auch klingen mag: Es gibt einen Silberstreif am Horizont. Wir gehen davon aus, dass die Währungsunion auf lange Sicht stabil bleibt. Die Region hat in den vergangenen Jahren signifikante Stresstests bestanden – darunter eine Pandemie und einen Krieg. Dabei legte die Politik ein überzeugendes Bekenntnis zur europäischen Einheit ab. Diese Widerstandsfähigkeit wurde durch bedeutende institutionelle Fortschritte gestärkt. So konnte zum Beispiel die EZB ihre Rolle als zuverlässiger Kreditgeber letzter Instanz für die Mitgliedsstaaten behaupten (durch verschiedene Programme zum Ankauf von Vermögenswerten und Instrumente zur Bewältigung von Stresssituationen bei Staatsanleihen). Des Weiteren erfolgte eine verbesserte finanzpolitische Zusammenarbeit durch die Einführung grenzüberschreitender fiskalischer Transfers, die im Rahmen des pandemiebedingten Programms „Next Generation EU“ finanziert wurden. Obwohl „Next Generation EU“ als einmalige Maßnahme gedacht ist, bietet das Programm eine potenzielle Vorlage für künftige Abschwünge.

Auch die aktuelle politische Landschaft scheint weniger disruptiv zu sein. Obwohl der populistische Druck fortbesteht und rechtsextreme Parteien entweder an der Regierung sind oder an Unterstützung gewinnen, ist echte Euroskepsis, die auf eine Demontage der EU und der Währungsunion abzielt, auf dem Rückzug. So verschwanden beispielsweise die wahrgenommenen Risiken im Zusammenhang mit der Wahl einer rechtsextremen Regierung in Italien schnell, als die Regierung auf eine moderate Wirtschaftspolitik einschwenkte. Die Unterstützung für den Euro befindet sich derzeit auf einem Rekordhoch, und das politische Engagement für den Zusammenhalt der Union könnte sich in einem deutlicher von Konfrontation geprägten globalen politischen Umfeld weiter verstärken.

Dennoch bleiben Risiken bestehen. So beobachten wir Frankreich aufmerksam, da die Schuldenquote stark ansteigt, die Umsetzung von Ausgabenkürzungen schwierig ist und die Steuerquote bereits sehr hoch ist. Dennoch ist letztlich mit einer gewissen Haushaltsanpassung zu rechnen, und wir würden dies eher als ein idiosynkratisches französisches Risikoprämien-Problem denn als ein existenzielles Risiko für die gesamte Region betrachten.

Investitionsimplikationen: Zinsen und Währungen

Die schwierigen Wachstumsaussichten und das von uns erwartete gedämpfte Inflationsumfeld deuten darauf hin, dass die Bewertungen der europäischen Duration stabil bleiben dürften, wobei Bundesanleihen wahrscheinlich als gute Quelle zur Diversifikation in den Portfolios dienen dürften. Darüber hinaus könnte die gestiegene Nachfrage nach sicheren Anlagen in Europa, die durch die globale Diversifizierung weg von den USA angetrieben wird, die Duration weiter stützen.

Das im langfristigen Ausblick von PIMCO erwähnte Trendthema der steileren Kurven gilt auch für Europa. Die Zinsen am vorderen Ende und am Bauch der Kurve dürften durch niedrige Gleichgewichtszinsen zementiert bleiben, während die Renditen am langen Ende wahrscheinlich durch höhere deutsche Emissionen gestützt werden.

Die Stabilität der Währungsunion dürfte zu relativ stabilen Spreads bei Staatsanleihen gegenüber Bundesanleihen führen. Das ermöglicht es Anlegern, durch den Kauf eines diversifizierten Korbs von Staatsanleihen aus dem Euroraum zusätzliche Renditen zu erzielen. Auch die Grenze zwischen Kern- und Peripherieländern verschwimmt zunehmend, sodass Anleger Staatsanleihen auf der Grundlage relativer Fundamentaldaten und nicht auf der traditioneller Kategorisierungen auswählen sollten.

Was die Währungen betrifft, so sehen wir die Rolle des US-Dollars als globale Reservewährung nicht infrage gestellt. Die globale Diversifizierung könnte sich jedoch als leichter Rückenwind für den Euro erweisen.

Investitionsimplikationen: Unternehmensanleihen und -kredite

Im Bereich hochwertiger Investment-Grade-Credit bietet der europäische Markt mit einem Volumen von mehr als vier Billionen Euro zahlreiche Möglichkeiten, in Emittenten zu investieren, die sich über mehrere Konjunkturzyklen hinweg bewiesen haben und es gewohnt sind, in einem Umfeld mit schwachem Wachstum zu agieren. Angesichts des schwachen BIP-Wachstums in der Region haben viele qualitativ hochwertige Unternehmen typischerweise relativ konservative Bilanzstrategien verfolgt. Sie verfügen deshalb über ausreichend finanzielle Flexibilität, um eine Reihe von makroökonomischen Szenarien erfolgreich zu meistern. Aktives Management ist der Schlüssel, um solche ausgewählten Chancen zu identifizieren.

Der europäische Investment-Grade-Markt profitiert auch von der quasi eingebetteten Diversifikation durch die Duration, die mit etwa fünf Jahren an jenen Stellen verankert ist, an denen wir die überzeugendsten risikobereinigten Renditen sehen. Innerhalb des globalen Kreditmarkts hat die geringere Zinssensitivität des europäischen Kreditmarkts in den vergangenen Jahren zu dessen niedrigerer Volatilität beigetragen und ihn in einem Umfeld steilerer Zinsstrukturkurven vorteilhaft positioniert.

Jenseits von Investment-Grade-Anleihen hat sich die Qualität des europäischen Markts für Hochzinsanleihen in den vergangenen 15 Jahren deutlich verbessert, wobei mehr als 65 Prozent des Markts aktuell mit dem Rating BB bewertet werden. In diesem Zeitraum erzielten europäische Hochzinsanleihen Erträge, die mit denen des europäischen Aktienmarkts vergleichbar waren – bei deutlich niedrigerer Volatilität. Da Aktienbewertungen weiter steigen, könnte der Kreditmarkt über den langfristigen Horizont erneut eine Outperformance zeigen, jedoch mit nur einem Drittel bis zur Hälfte der Aktienvolatilität.

Schließlich könnte der europäische Kredit natürlich davon profitieren, dass immer mehr Anleger eine Diversifizierung weg vom US-Kreditmarkt suchen, da sich das Gros der Investoren bis dato überwiegend auf US-Unternehmensanleihen konzentriert.

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